Seit Monatsmitte hat der Kurs der Commerzbank wieder nach unten gedreht, so streift das Papier wieder die 3,80er-Marke. Eine mögliche Erklärung: Die Beteiligung der Bank an der langlaufenden Kreditfazilität bei Wirecard. Aktionäre und Anleihegläubiger des Instituts vermuten größere Kredite an Wirecard als bislang bekannt, das ist nicht von Vorteil für das Frankfurter Geldhaus und neben der Mega-Belastung Corona kann dies im weiteren Jahresverlauf signifikant das Jahresergebnis 2020 belasten.
Mit der Auflage eines neuen Programms zur Ausgabe von Nachranganleihen hatte sich die Commerzbank zu Monatsanfang mehr Luft verschafft. So wird das Eigenkapital der Bank gestärkt, das gesamte Programm beläuft sich auf 3 Milliarden Euro. Die erhöhte Eigenkapitalbasis soll vor allem auf mittelfristige Sicht dem Institut mehr Spielräume eröffnen, das Kreditgeschäft anzukurbeln und dabei risikobewusst Kreditausleihungen zu erweitern. Doch die Fantasie über mehr Geschäft währte relativ kurz. Auch hat der Kurs vom letzten DAX-Zwischenspurt über 12.000 bis auf knapp 12.600 Punkte (Hoch bei 12.606 am Mittwoch) nicht profitiert.
Zur Nachranganleihe: Das Papier über eine unbefristete Laufzeit und kann durch die Emittentin zwischen Oktober 2025 und April 2026 gekündigt werden. Das Institut zahlt dem Anleger 6,125 Prozent, das Risiko liegt damit höher als bei herkömmlichen festverzinslichen Schuldverschreibungen der Bank. Der Käufer ist Kapitalgeber, er wird mit rund 6,55 Prozent Rendite entlohnt, wird der Bond zum 9. Oktober 2025 zurückbezahlt. Eine Kündigung behält sich die Bank vor, wenn die Kernkapitalquote zu stark abfallen sollte.
Die Commerzbank hat mit der Teilnahme an der Kreditfazilität bei Wirecard, die sich insgesamt laut Bloomberg-Daten auf 1,75 Milliarden Euro beläuft, mit ihren Konsortialpartnern ABN Amro, ING und LBBW „im Feuer“. Es ist nicht festzustellen, welchen Teil die Commerzbank an dem 200-Millionen-Paket hält.
Eine Anfrage des AKTIONÄR bei der Commerzbank ergab keinen Aufschluss, ob das Haus mit größeren, direkten Krediten bei Wirecard engagiert ist. „Man kommentiere die laufenden Kundenbeziehungen nicht“, heißt es da. Auch die Branchenanalysten der Investmenthäuser konnten keine deutlichen Angaben zu Änderungen ihrer Erwartung für die Commerzbank-Aktie machen. Morgan Stanley bleibt bei der Ergebnisschätzung von 0,20 Euro für das laufende Jahr – solange keine zusätzlichen Schock-Nachrichten zu Krediten der Bank an Wirecard eintrudeln.
Für die Commerzbank, die immer noch von der staatlichen Unterstützung profitiert, kann wohl die Schicksalsfrage lauten, wie heftig die Corona-Pandemie das Zahlenwerk im Jahr 2020 durcheinanderwirbelt – und hier natürlich die Gefahr der zweiten Welle. Mitbewerber haben bereits ihre Gewinnschätzungen für das Gesamtjahr um 20 Prozent und mehr reduziert.
Ein Aspekt macht doch die kurzfristige Verschlechterung der Stimmung für die Commerzbank-Aktie erklärbar. Seit der Platzierung der Nachranganleihe hat sich der Kurs abgeschwächt, damit ist der Renditeanstieg um 55 Basispunkte nachvollziehbar und teilweise Wirecard geschuldet. Die Aktie hat praktisch im Juni-Verlauf eine ähnliche Performance hingelegt, und ist nach dem Wirecard-Schock am 18./19. Juni ebenfalls von 4,30 Euro nach Süden abgedreht. Das bedeutet, es gibt Investoren, die vorsichtiger agieren. So wird „Commerzbank-Obligo“ in Aktien und Anleihen reduziert. Das ist vernünftig ob der möglichen Überraschungen beim Zahlenwerk für die Frankfurter Bankenbranche ohnehin ratsam, bis die Wirecard-Welle „überstanden“ und die Höhe der Kreditverluste bekannt ist.
Nach dem Rutsch unter 4,00 Euro ist der Wert momentan in einer engen Bandbreite „gefangen“. Wer investiert ist, sollte die Füße stillhalten. Der Stopp verbleibt bei 3,50 Euro.
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