Tourismusaktien gingen in den vergangenen Wochen durch die Decke: Investoren wetten auf eine starke Urlaubs- und Sommersaison insbesondere auch bei Kreuzfahrtaktien, die sich zuletzt aus dem Stand verdoppeln konnten, so zum Beispiel Carnival. Ist die Rally damit zu Ende oder dürfen sich Anleger noch mehr ausrechnen?
Während Einzelhandelsumsätze und die Einkaufsmanagerindizes im verarbeitenden Gewerbe seit Wochen darauf hindeuten, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Warenkonsum inflationsbedingt einschränken, zeigt sich die Dienstleistungsbranche unbeeindruckt:
Gastronomen, Hoteliers und Reiseveranstaltern werden zumindest in den USA die Türen eingerannt. Nicht überraschend wetten Investoren daher auf eine starke Sommersaison und haben in den vergangenen Wochen vor allem bei Tourismus- und Airline-Aktien zugegriffen.
Verdopplung nach Rallybeschleunigung
Kreuzfahrtanbieter Carnival konnte sich ausgehend von seinem Ende April markierten Verlaufstief mehr als verdoppeln. Ausgehend von ihrem 52-Wochen-Tief bei 6,11 Dollar hat sich die Aktie sogar verdreifachen können und das in nur wenig mehr als einem halben Jahr.
Durch die steilen Kursgewinne der letzten Wochen und Monate sind Carnival drei Meilensteine gelungen. Erstens konnte das Papier einen mittelfristigen Aufwärtstrend etablieren, dieser führte zweitens zum Überwinden der langjährigen Abwärtstrendlinie, dem drittens eine deutliche Rallybeschleunigung insbesondere im letzten Monat folgte:
Was die weiteren Kursaussichten betrifft, stehen die Chancen gut: Im Bereich von 7 Dollar hat die Aktie im Monatschart einen langfristigen Doppelboden bilden können. Der Rebound der vergangenen Monate ist damit als erster Impuls auf mehrjährig unterdrückte Kursniveaus zu verstehen.
Mit dem Überwinden der Abwärtstrendlinie hat Carnival außerdem den Weg nach oben frei gemacht: Mit Ausnahme eines untergeordneten Horizontalwiderstandes bei 20 Dollar dürfte sich der Aktie bis zu ihrem im Sommer 2021 markierten Verlaufshoch bei knapp 32 Dollar mittelfristig nur wenig in den Weg stellen.
Nachhaltige Trendwende, aber ...
Kurzfristig, mit Blick auf die kommenden Wochen also, wächst allerdings das Pullback-Risiko. Denn mit einem RSI von 80 im Wochenchart ist Carnival zunehmend stark überkauft. Auch ist der Trendstärkeindikator MACD im Vergleich zu den in 2021 erzielten Kursniveaus bereits fortgeschritten. Hier ist trotz der Tatsache, dass der MACD grundsätzlich einen starken Aufwärtstrend anzeigt, etwas Vorsicht geboten.
Gut gefallen darf hingegen die Volumenentwicklung. Nachdem bereits das Überwinden der Abwärtstrendlinie von hohem Volumen begleitet wurde, gefallen auch die Handelsumsätze, die dem steigenden Kurs folgen konnten. Die Aktie ist also auf "echtes" Kaufinteresse gestoßen. Damit dürfte die Gegenbewegung nach dem langjährigen Abwärtstrend nachhaltig sein.
Carnival hat sich in den vergangenen Wochen impulsiv verdoppeln können. Die starke Rally ist dabei auch eine Gegenreaktion auf den jüngst überwundenen, mehrjährigen Abwärtstrend und dürfte nur der erste von weiteren Aufwärtsimpulsen in den kommenden Monaten gewesen sein. Kurzfristig müssen Anleger aber verstärkt Pullbacks einplanen. Die würden der zunehmend überkauften Aktie die Chance geben, technisch etwas Luft zu holen.
In der Empfehlung von DER AKTIONÄR investierte Anleger lassen ihre Gewinne laufen und beachten den Stopp bei etwa 11,50 Dollar. Wer hier langfristig investieren möchte, behält außerdem die Öl- und Treibstoffpreise sowie die Verbraucherstimmung im Auge: Carnival ist einerseits auf starke Margen und andererseits auf eine langfristig hohe Nachfrage angewiesen, um sich erfolgreich entschulden zu können. Zeichnen sich hier Schwierigkeiten ab, dürfte der Kurs rasch wieder implodieren.