Nach den diversen Pleiten, Pech und Pannen mit Boeing-Flugzeugen tritt die Konzern-Spitze zurück. CEO Dave Calhoun gibt seinen Posten zum Jahresende ab, teilte das Unternehmen am Montag vor US-Börsenstart mit. Mit ihm verlassen auch der Verwaltungsrats-Chef und der Chef der Verkehrsflugzeug-Sparte den Luft- und Raumfahrt-Konzern. Die Boeing-Aktie steigt.
Der kriselnde Flugzeugbauer Boeing leitet wenige Wochen nach einem Beinahe-Unglück mit einem herausgebrochenen Kabinenteil einen Chefwechsel ein. Konzernchef Dave Calhoun gebe den Posten Ende des Jahres ab, teilte der Konkurrent des europäischen Flugzeugherstellers Airbus am Montag in Arlington vorbörslich mit. Auch Verwaltungsratschef Larry Kellner und der Chef der Verkehrsflugzeugsparte, Stan Deal gehen.
Calhouns Rücktritt erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem der Flugzeughersteller in diesem Jahr mit einer Reihe von Problemen bei der Produktion und der Qualitätskontrolle zu kämpfen hatte, insbesondere als im Januar bei einer seiner 737 Max-8-Maschinen, die von Alaska Air geflogen wurde, mitten im Flug ein Panel verloren ging.
Letzte Woche erklärte Boeings Finanzchef Brian West, dass das Unternehmen im laufenden Quartal Mittelabflüsse in Höhe von bis zu 4,5 Milliarden Dollar verzeichnen werde, um seine Produktionslinien zu stützen.
Die Boeing-Aktie steigt nach der Nachricht vorbörslich um vier Prozent auf 196,45 Dollar. Am Freitag ging der Dow-Jones-Wert bei 188,85 Dollar ins Wochenende. Auch im deutschen Handel zieht das Papier deutlich an und notiert am frühen Nachmittag bei fast 182 Euro. Nach US-Börsenstart relativieren sich die Kursaufschläge.
Update: Während Verwaltungsrats-Chef Kellner bei der diesjährigen Boeing-Hauptversammlung nicht mehr zur Wahl antritt, übergibt Deal seinen Posten mit sofortiger Wirkung an Stephanie Pope. Die Managerin hatte bei Boeing erst Anfang des Jahres die Leitung des Tagesgeschäfts übernommen. Bei der Bekanntgabe ihres Aufstiegs im Dezember wurde sie schon als mögliche Nachfolgerin Calhouns an der Konzernspitze gehandelt.
Calhoun selbst war Anfang 2020 auf den Chefposten gewechselt, nachdem sein Vorgänger Dennis Muilenburg infolge seines stark kritisierten Krisenmanagements nach den Abstürzen zweier 737-Max-Jets den Hut genommen hatte. Calhoun betonte nun, dass sein eigener Abschied seine persönliche Entscheidung gewesen sei. Er habe den Verwaltungsrat informiert, dass 2024 sein letztes Jahr als Konzernchef sein werde.
Wer Calhouns Nachfolge an der Spitze des Luftfahrt- und Rüstungskonzerns übernimmt, steht noch nicht fest. Den Auswahlprozess soll der neue Verwaltungsratschef Steve Mollenkopf leiten. Der frühere Chef des Chipherstellers Qualcomm gehört dem Gremium seit dem Jahr 2020 an.
Die Serie an Vorfällen aufgrund von Material-, Qualitäts- und Wartungsmängeln macht einen Neustart des jahrzehntelang führenden Luftfahrt-Konzerns notwendig. Doch der Aufbau von neuem Vertrauen wird langwierig und teuer. Die Boeing-Aktie dürfte zwar langfristig wieder aufwärts streben, Konkurrent Airbus bleibt für Anleger (und Flugzeug-Käufer) jedoch erste Wahl. Der DAX-Wert markiert heute ein neues Rekordhoch.
(Mit Material von dpa-AFX)