Kippt das auf Glyphosat aufgebaute Geschäftsmodell demnächst, könnte auch die Saatgutsparte von Bayer deutlich unter Druck geraten. Parallel hierzu drohen Bayer in diesem Szenario außerplanmäßige Abschreibungen auf den Firmenwert von Monsanto - und zwar zusätzlich zu den Belastungen aufgrund der gut 10.000 anhängigen Schadensersatzklagen.
Das Problem: Das US-Rechtssystem macht es den Beschwerdeführern in Sachen Glyphosat leicht. Da der Anwalt nur im Erfolgsfall Geld sieht, kostet sie eine Klage nichts. Selbst wenn die Kläger allesamt verlieren sollten, muss Bayer seine Rechtsberatungskosten selbst tragen.
Rechtsberatungskosten und Risiken aus Urteilen
Die Glyphosat-Klagen könnten sich einschließlich Berufungsinstanzen leicht drei oder vier Jahre hinziehen. Bei vergleichbaren Produkthaftungsklagen in der Pharmaindustrie belaufen sich allein die Rechtskosten in Massenverfahren auf eine Milliarde Dollar pro Jahr. Hinzu kommen würden noch potenziell kostenträchtige Entschädigungen aus Vergleichen oder Urteilen.
Der Börsenbrief Shortseller rechnete bereits am 28. August 2018 im Aktienreport „Der 1.000-%-Short“ vor, dass das Risiko aus dem Glyphosat-Skandal langfristig auf über 20 Milliarden Dollar anwachsen kann.
Die Verquickung von Glyphosat mit der Saatgutsparte
Zwar könnte sich Bayer-Chef Werner Baumann theoretisch mit einem harten Schnitt befreien und Glyphosat einfach vom Markt nehmen. Mit dem lukrativen Pflanzenschutzmittel konnte Monsanto im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017 einen Umsatz von 3,7 Milliarden Dollar erzielen.
Der springende Punkt: Ohne Glyphosat wären große Teile der noch profitableren Saatgutpalette auf einen Schlag wertlos. Denn: Die Saatgutsparte profitiert stark vom Verkauf glyphosatresistenter Pflanzen (vor allem Mais und Soja).
Auf Glyphosat aufgebautes Geschäftsmodell
Anders ausgedrückt: Monsanto entwickelte seinerzeit mithilfe von Gentechnik Saat, die gegen Glyphosat resistent ist. So schuf man zwei eng miteinander verwobene Sparten und profitierte gleich doppelt von dem Wirkstoff. Dieser doppelte Hebel wirkt in einem Negativszenario aber stark in die andere Richtung – also nach unten.
Würde das auf Glyphosat aufgebaute Geschäftsmodell nun in naher Zukunft kippen, müsste Bayer daher hohe außerplanmäßige Abschreibungen auf den Firmenwert von Monsanto vornehmen. Die aus der Klagewelle resultierenden Belastungen würden sich zu diesem Risiko noch hinzuaddieren.
Keine Entwarnung für 2019
Trotz des katastrophalen Kursverlaufes im Jahr 2018 kann für die Bayer-Aktie immer noch keine Entwarnung gegeben werden. Selbst ein langfristiger Kursverfall auf unter 50 Euro kann aus heutiger Sicht nicht ausgeschlossen werden. Vorsichtige Anleger verharren daher weiter an der Seitenlinie und sehen von einem Kauf des Papiers konsequent ab.