Im Kampf gegen Kinderpornografie hat Apple drastische Maßnahmen angekündigt. Ein komplexes Verfahren soll sicherstellen, dass bei unbescholtenen Nutzern den Datenschutz gewahrt bleibt und gleichzeitig Alarm geschlagen wird, wenn verdächtiges Material gefunden wird.
Bei der Nutzung des konzerneigenen Online-Speicherdienstes iCloud will Apple von diesem Herbst an die Fotos auf Geräten von US-Nutzern mit einer Liste von bekanntem kinderpornografischen Material abgleichen lassen. Ein entsprechendes Verfahren hat der Konzern am Donnerstag vorgestellt.
Für den Abgleich soll auf die Geräte eine Datei mit sogenannten „Hashes“ von bereits bekannten kinderpornografischen Inhalten geladen werden – eine Art digitaler Fingerabdruck des Bildes. Darüber lässt sich bei einem Vergleich mit speziellen Verfahren eine Kopie des Fotos erkennen, das Original kann aus dem Hash aber nicht wiederhergestellt werden.
Bei einer Übereinstimmung werden verdächtige Bilder mit einem Zertifikat versehen, dank dem Apple sie nach dem Hochladen zur iCloud ausnahmsweise öffnen und einer Prüfung unterziehen kann. Das System schlägt erst Alarm, wenn es eine bestimmte Anzahl von Treffern gibt. Wie viele es dafür sein müssen, wird nicht öffentlich gemacht.
Wird dann bei der Überprüfung tatsächlich kinderpornografisches Material entdeckt, meldet Apple dies der amerikanischen Nichtregierungsorganisation NCMEC (National Center for Missing & Exploited Children), die wiederum Behörden einschalten kann.
Zunächst nur in den USA, aber…
Während die Funktion nur für Apple-Kunden mit US-Accounts aktiviert wird, ist die Datei mit den Hashes künftig fester Teil des Betriebssystems. Sie soll damit auf alle Geräte geladen werden, auf denen diese Systemversion installiert wird. Aktualisiert werden soll die Liste auf den Geräten entsprechend mit Erscheinen neuer Versionen der Betriebssysteme von iPhones und iPad-Tablets. Vor einer internationalen Einführung der Funktion müssen erst noch rechtliche Voraussetzungen geklärt werden.
Nutzer, bei denen durch den Abgleich bekanntes kinderpornografisches Material gefunden wird, werden darüber nicht unterrichtet. Allerdings wird ihr Konto gesperrt. Den Abgleich über Hashes ist dabei ein gängiges Verfahren und wird zum Beispiel auch von Online-Plattformen genutzt, um solche Inhalte bereits beim Hochladen zu entdecken und ihre Veröffentlichung zu verhindern. Das Verfahren funktioniert nach Branchenangaben praktisch fehlerfrei für Fotos – greift aber noch nicht bei Videos.
Darüber hinaus soll es künftig die Möglichkeit geben, dass Eltern eine Warnmeldung erhalten, wenn ihr Kind in Apples Chatdienst iMessage Nacktfotos erhält oder verschickt. Die Nacktheit in den Bildern wird dabei von Software auf dem Gerät erkannt. Der Konzern erfährt nichts davon.
Neuer Ansatz soll Datenschutz gewährleisten und Ermittlungen erleichtern
Die heute gängige Verschlüsselung von privater Kommunikation in Chatdiensten und auf Smartphones, die auch Apple nutzt, bietet den Nutzern ein hohes Maß an Sicherheit und Datenschutz. Kritiker bemängeln aber, dass sie die Aufklärung von schweren Straftaten wie Kindesmissbrauch erschwert.
In der Vergangenheit hatte sich der Konzern wiederholt gegen Forderungen von US-Sicherheitsbehörden gewehrt, die Verschlüsselung seiner Geräte bei Ermittlungen zu knacken. Apples angekündigtes System ist ein Versuch, das Problem auf andere Weise zu lösen. Das Unternehmen veröffentlichte Analysen mehrerer Experten, die den Datenschutz bei dem Verfahren begrüßten.
(Noch) nicht perfekt
Allerdings gibt es auch Kritik an dem Verfahren. So liegt der Fokus auf Hashes von bereits bekannten Fotos. Auf den Geräten neu erstellte Inhalte können damit also nicht entdeckt werden.
Matthew Green, Kryptografie-Experte an der US-Universität Johns Hopkins, kritisierte zudem, dass überhaupt die Möglichkeit zum Abgleich von Dateien auf den Geräten geschaffen werde. Er sieht speziell die Gefahr, dass jemand Hashes für andere Inhalte auf Geräte schleusen könnte - und dass beispielsweise autoritäre Regierungen die Funktion zur Suche nach anderen Inhalten missbrauchen könnten.
Die Apple-Aktie notiert am Freitag im vorbörslichen US-Handel nahezu unverändert, obwohl sie ex Quartalsdividende in Höhe von 0,22 Dollar gehandelt wird. Das Allzeithoch von 150,00 Dollar bleibt damit in Reichweite. Die Kaufempfehlung des AKTIONÄR gilt weiterhin.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Apple.
Mit Material von dpa-AFX.