China und die USA verstricken sich immer tiefer in einen Handelsstreit, doch eine Aktie zeigt sich davon ungerührt und steigt. Das hat auch mit der Zukunftsvision des Firmengründers zu tun.
Großes Missverständnis
Um diesen Punkt ein für alle Mal zu klären: Alibaba ist nicht Chinas Version des amerikanischen E-Commerce-Riesen Amazon, die heißt JD.com. Das Unternehmen ermöglicht Drittanbietern den Handel über das Internet, vermarktet darüber hinaus eigene Waren unter dem Namen „Made by JD“, betreibt Warenlager und Logistik-Center und liefert die Bestellungen selbst aus – so wie das Vorbild aus Seattle. Die unterschiedlichen Geschäftsmodelle (zwischen Alibaba und JD.com) zeigen sich schon an den Erlösen: Während der Ma-Konzern 2017 rund neun Milliarden Dollar Umsatz erzielte, waren es beim Rivalen 57 Milliarden Dollar.
Turbo-Wachstum
Weshalb für den Vergleich mit Amazon trotzdem Alibaba herhalten muss? Liu Qiangdong (auch bekannt als Richard Liu), der Gründer von JD.com, scheut die Öffentlichkeit, er gibt selten Interviews und macht insgesamt wenig Aufhebens um seine Person. Kurzum, Liu ist im Broadcast-Yourself-Zeitalter praktisch unsichtbar. Nicht so JD.com. Der Konzern frisst sich wie ein Buschfeuer durch den chinesischen E-Commerce und erreicht mit seinen hunderten Warenlagern selbst entlegenste Regionen des Riesenreichs. Binnen vier Jahren, von 2013 bis 2017, kletterten die Verkäufe um rund 400 Prozent (CAGR: 48 Prozent). Lius Erfolgsrezept: Der 44-Jährige gilt als geradezu besessen, wenn es darum geht, seinen Kunden das bestmögliche Einkaufserlebnis zu bieten. Innovativ ist er außerdem.
Die Roboter-Armee
Für die Zukunft hat Richard Liu Großes vor: „Ich hoffe, dass meine Arbeiterschaft eines Tages nur noch aus Robotern besteht“, sagte er auf dem World Retail Congress in Madrid. Und er meint das todernst. In Lius Vision kümmern sich Roboter um die Warenwirtschaft, wickeln die Bestellungen ab und Roboter (Drohnen, selbstfahrende Autos) liefern die Ware auch aus – binnen 30 Minuten nach der Bestellung. Um dieses Ziel zu erreichen, wird Liu 4,5 Milliarden Dollar in ein KI-/Roboter-Lab in China investieren. Die benötigten enormen Datenmengen liefern die Kunden des Unternehmens.
Google investiert 550 Millionen Dollar
JD.com ist neben Alibaba und Baidu eine der größten und spannendsten Storys im chinesischen Internet. Die Aktie ist zuletzt stark gelaufen, auch, weil Google mit 550 Millionen Dollar bei den Chinesen eingestiegen ist. Das Ziel? Klar, den E-Commerce weiter ausbauen und das Cross-Border-Geschäft vorantreiben. Trotz des Aufschwungs ist das Papier nicht teuer: Die JD.com-Aktie wird aktuell mit dem einfachen Umsatz und KGV (2019e) 34 gehandelt. Anleger sollten an schwächeren Tagen zugreifen.