Knorr-Bremse hat sich gegen eine Mehrheitsübernahme des Autozulieferers Hella entschieden. Nach sorgfältiger Analyse würden die Möglichkeiten des Transfers von Schlüsseltechnologien und Produkten auf das eigene Angebot als nicht ausreichend zur Realisierung der erwarteten Synergien bewertet, so der Hersteller von Lkw- und Zugbremsen.
Plötzliche Wende: Erst Ende Juni hatte das Knorr-Bremse-Management ein "grundsätzliches Interesse am möglichen Erwerb von rund 60 Prozent der Aktien der Hella GmbH & Co. KGaA von Mitgliedern der Gründerfamilie" bestätigt.
Investoren war das allerdings sauer aufgestoßen: die Knorr-Bremse-Aktien büßten seither rund ein Fünftel ihres Wertes ein. Auch Analysten hatten sich skeptisch zu einem möglichen Hella-Deal geäußert. Der mögliche Kauf werfe einige Fragen in puncto Sinnhaftigkeit und Finanzierung auf, hatte etwa Analyst Gael de-Bray von der Deutschen Bank moniert. Akash Gupta, Analyst bei der US-Bank JPMorgan hatte von einer strategisch zwar womöglich wertvollen Transaktion gesprochen, gleichzeitig aber darauf hingewiesen, dass der Kaufpreis wohl hoch wäre und die Synergien gering.
Zu dem Schluss kam auch das Management von Knorr-Bremse. Eine Akquisition würde nicht hinreichend zusätzlichen Wert für die Aktionäre schaffen, so Konzernchef Jan Mrosik. Grundsätzlich sei das Unternehmen offen für Zukäufe, "allerdings haben sich für uns Chancen für einen möglichen Transfer von Kompetenzen speziell in den Nutzfahrzeugbereich nicht in ausreichendem Maße bestätigt", erklärte der Manager mit Blick auf Hella.
Mit der Absage ziehen die Aktien von Knorr-Bremse wieder deutlich an. Der Hella-Kurs fällt leicht zurück. Die Übernahmefantasie bleibt aber grundsätzlich erhalten. Im Mai hatte das Manager Magazin berichtet, dass es bei einem möglichen Verkauf des Anteils der Industriellenfamilie Hueck schnell gehen könnte. Der 71-jährige Jürgen Behrend, der den Autozulieferer lange geführt hatte und seit einigen Jahren im Gesellschafterausschuss sitzt, drücke aufs Tempo, hieß es unter Berufung auf das Unternehmensumfeld. Interessenten gebe es einige, wie die Finanzinvestoren Advent und Bain Capital, die als Team antreten würden, sowie CVC und Blackstone. Auch die Autozulieferer Hasco und Faurecia erwägten Gebote.
Knorr-Bremse steht beim AKTIONÄR nicht auf der Empfehlungsliste. Die Hella-Aktie bleibt ein spekulativer Kauf. Es dürfte nicht lange dauern, bis die nächsten Spekulationen rund um den Anteilsverkauf über den Ticker laufen werden.
(Mit Material von dpa-AFX)