Mit einem 2017er-KGV von 12 zählt sie zu den günstigsten deutschen Internetaktien: Die Ecommerce Alliance AG. Nach der Entkonsolidierung der defizitären wap-telecom GmbH haben die Münchner ihr Geschäftsmodell neu ausgerichtet und die Profitabilität im Jahr 2015 fast verdreifacht. Im laufenden Geschäftsjahr sollen die innovativen und profitablen Bereiche Services und Brands durch organisches Wachstum weiter ausgebaut und durch Zukäufe nachhaltig gestärkt werden.
DER AKTIONÄR sprach mit Vorstandschef Daniel Wild über die Wertsteigerungen im Portfolio, attraktive Übernahmekandidaten sowie das steigende Interesse von Investorenseite.
DER AKTIONÄR: Herr Wild, die Ecommerce Alliance AG hat im vergangenen Jahr einen deutlichen Strategiewechsel vollzogen und sich von ihrer defizitären Beteiligung an der wap-telecom GmbH getrennt. Warum hat die wap-telecom den erhofften Turnaround nicht geschafft?
Daniel Wild: Die wap-telecom ist ein Mobilfunkgroßhändler mit angeschlossenen E-Commerce-Beteiligungen. Ziel der Akquisition war neben Umsatzwachstum vor allem eine nachhaltige Etablierung im Online-Handel mit Mobile Devices. Trotz erfolgreicher Integration unser E-Commerce Services im Bereich Marketing & Logistik wurden unsere Erwartungen an ein profitables Wachstum bei wap-telecom nicht erfüllt. In einem schwieriger gewordenen Marktumfeld wurden die von den Geschäftsführern der wap-telecom gegebenen Prognosen nicht erreicht. Auch die daraufhin eingeleiteten Maßnahmen führten nicht zu den erhofften positiven Effekten, sodass wir uns entschlossen haben, uns zukünftig nicht mehr auf dieses Marktsegment zu fokussieren.
Welche Lehren haben Sie aus dem wap-telecom-Engagement für die Zukunft gezogen?
Rückblickend muss man sagen, dass es nicht die richtige Strategie war, mit Blick auf den hohen Umsatz eine Großhandelskomponente hinzuzukaufen. Mobilfunkgroßhandel ist nicht unser Kerngeschäft. Für uns gilt jetzt das Sprichwort: „Schuster bleib bei deinen Leisten“. Als operative Beteiligungsgesellschaft beteiligen wir uns zukünftig nur an reinen E-Commerce-Unternehmen in attraktiven Nischenmärkten.
Sie stellen die Ecommerce Alliance AG als „operative Beteiligungsgesellschaft“ in den Vordergrund. Was bedeutet dies konkret?
Unsere beiden Säulen „Services“ und „Brands“ ergänzen sich in idealer Weise. Als operative Beteiligungsgesellschaft sind wir sehr nah dran an unseren Portfoliounternehmen und investieren nicht nur Cash, sondern unterstützen unsere E-Commerce-Töchter auch intensiv mit unseren fünf Service-Unternehmen. Diese bilden fast die gesamte Wertschöpfungskette bei E-Commerce-Dienstleistungen ab und können unsere „Brand Unternehmen“ im Bereich Online- und Social Media-Marketing, TV-Marketing, Logistik oder Customer Relationship Management performance-orientiert hebeln. Dies tun sie übrigens auch sehr erfolgreich für viele externe Kunden. Die „Zwei-Säulen-Strategie“ ermöglicht es uns, nachhaltig profitabel zu sein und den Wert unserer „Brands“ gezielt zu steigern.
Wie sieht die beschriebene Wertsteigerung in der Praxis aus? Können sie ein Beispiel in Ihrem Portfolio erläutern?
Ein sehr gutes Beispiel in unserem Beteiligungsportfolio ist mit Sicherheit Shirtinator, einer der führenden deutschen Online-Shops für individualisierte Textilien und Accessoires. Ende 2010 konnten wir bei Shirtinator auf einer günstigen Bewertung zur Mehrheit aufstocken, d. h. wir haben einen Preis für unsere Anteile bezahlt, der deutlich unter dem tatsächlichen Marktwert lag. Nach dem Einstieg haben wir durch unseren Input, einen Managementwechsel, aber auch durch unsere Service-Töchter den Wert signifikant gesteigert. Im vergangenen Jahr hat Shirtinator bei rund zehn Millionen Euro Umsatz einen operativen Gewinn von ca. 0,8 Millionen Euro erwirtschaftet. Auch im laufenden Geschäftsjahr wird Shirtinator wieder deutlich wachsen. Nach unserem ersten Einstieg auf einer niedrigen siebenstelligen Bewertung hat sich die die aktuelle Marktbewertung auf ungefähr zwölf Millionen Euro entwickelt. Diese Art der Wertsteigerung ist Kern unserer Unternehmensstrategie.
Bietet das Portfolio der Ecommerce Alliance weitere Möglichkeiten für eine solche Werteentwicklung?
Sicherlich, auch im Bereich der Minderheitsbeteiligungen haben wir bereits Werte geschaffen und eruieren konstant Optionen ähnliche Wege wie bei Shirtinator zu gehen. Unsere Beteiligung Mybestbrands, das führende deutsche Metaportal für Luxus-Fashion, entwickelt sich ebenfalls stark. Inzwischen arbeiten 70 führende Modemarken online zum Teil exklusiv mit uns zusammen. Die Ecommerce Alliance hält aktuell knapp 20 Prozent an Mybestbrands und wir können uns gut vorstellen, unser Engagement hier weiter auszubauen. Daneben halten wir weitere spannende Beteiligungen wie zum Beispiel die Promiplattform Promipool, das soziale Netzwerk Internations und den Marktplatz Miet24. Zusätzlich schauen wir uns kontinuierlich neue Unternehmen an.
Was planen Sie genau? In welchen Bereichen wollen sie zukaufen?
Wir suchen weitere Kandidaten mit signifikanten Wertschöpfungspotenzial wie Shirtinator, die entweder attraktive E-Commerce-Nischenmärkte bedienen oder auf neue, besonders wachstumsstarke Trends im E-Commerce setzen. Dabei fokussieren wir uns auf E-Commerce Unternehmen, die überdurchschnittliches Entwicklungspotenzial besitzen, egal ob Online-Shop, Meta-Plattformen oder Content-Plattformen. In der Regel gehen wir zunächst eine Minderheitsbeteiligung an einer bereits am Markt aktiven Gesellschaft ein und stocken dann auf die Mehrheit auf, wenn wir mit unserem Input die Gesellschaft profitabel gemacht haben.
Die angesprochene Gewinnsteigerung in 2015 zeigt deutlich, dass Sie genau an den richtigen Stellen angesetzt haben, um Ihre Effizienz und Profitabilität zu verbessern. Was genau haben Sie hier gemacht?
Wir haben unsere Profitabilität einerseits gesteigert, in dem wir ganz strukturiert unser Dienstleistungsgeschäft jedes Jahr weiter ausgebaut haben. Auf der anderen Seite haben sich unsere E-Commerce-Beteiligungen sehr erfolgreich entwickelt. So verbuchte z. B. Shirtinator im Jahr 2013 einen operativen Verlust von rund 0,3 Millionen Euro, nach dem Managementwechsel konnten wir im Jahr 2014 bereits einen operativen Gewinn von rund 0,5 Millionen Euro ausweisen und im Jahr 2015 lag dieser bei rund 0,8 Millionen Euro. Diesen Weg werden wir konsequent fortsetzen.
Wie ist es aktuell um die finanzielle Situation der Ecommerce Alliance AG bestellt? Wie wollen Sie die angestrebte Expansion finanzieren?
Wir haben aktuell deutlich mehr Liquidität in der Gruppe als im Vorjahr. Insofern sind unser organisches Wachstum sowie ein oder zwei kleinere Akquisitionen finanzierbar. Nur falls wir größere Akquisitionen angehen wollen, würden wir diese durch einen Verkauf aus dem Portfolio oder eine Kapitalerhöhung finanzieren. Die Ecommerce-Alliance-Aktie halte ich aktuell jedoch für so unterbewertet, dass ich auf diesem Niveau kein Interesse hätte, zusätzliches Geld einzuwerben.
Sie sprechen die Ecommerce-Alliance-Aktie an: Sie hat sich seit Jahresbeginn vom negativen Gesamtmarkttrend abgekoppelt und ihren mittelfristigen Abwärtstrend bereits durchbrochen. Spüren Sie aktuell ein wieder ansteigendes Interesse von Investorenseite?
Ja, das Interesse von Investorenseite hat stark zugenommen. Bestandsinvestoren kaufen nach und auch neue Investoren kommen auf uns zu und suchen nach Einstiegsmöglichkeiten. Dies bestärkt uns in unserer Strategie.
Dennoch notiert die Aktie noch deutlich unter dem von Analysten errechneten fairen Wert. Haben die Analysten zu optimistisch gerechnet oder sind die Investoren noch zu vorsichtig?
Ich bin mit den Analysteneinschätzungen sehr einverstanden und glaube, dass wir vor einer Neubewertung stehen. Das zeichnet sich auch durch das steigende Interesse von Aktionären ab, die sich mit dem Thema Internet und E-Commerce bestens auskennen. Es gibt derzeit weltweit kaum eine börsennotierte Firma, bei der man so günstig in ein breites Portfolio aus spannenden E-Commerce-Firmen investieren kann, wie dies bei der Ecommerce Alliance der Fall ist.
Vielen Dank für das Interview!
Fazit: Nach der erfolgreichen Neuausrichtung steht die Ecommerce Alliance AG vor einer Neubewertung. Oddo Seydler traut der Gesellschaft, die aktuell mit nur 22 Millionen Euro bewertet wird, einen Gewinn je Aktie von 0,59 Euro in 2016 sowie 0,69 Euro in 2017 zu und sieht den fairen Wert bei 10,00 Euro je Aktie. Hat die Gesellschaft bei ihren Neuakquisitionen ein ähnlich gutes Händchen wie bei Shirtinator und mybestbrands, winkt langfristig sogar eine Kursverdopplung.