Seit Wochen und Monaten wird über einen Zusammenschluss von Deutsche Bank und Commerzbank fabuliert. Ob nun politisch gewollt oder nicht – diese Fusion ist ein Graus für alle. Deutschlands größtes Geldinstitut ist besser beraten, einen ganz anderen Kauf anzustreben: Den des Digital-Herausforderers Wirecard. Unvorstellbar? Kein Stück.
Ein Kommentar von Leon Müller, Chief-Editor Börsen.Briefing.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz plagen offenbar Allmachts-Fantasien. Gemeinsam mit seinem Staatssekräter Jörg Kukies soll er an der Fusion der Deutschen Bank und Commerzbank arbeiten. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier will Deutschlands führende Bank gleich unter Artenschutz stellen. Davon ab, dass diese Allmachts-Fantasien purer Nonsens sind – die angestrebte Fusion bringt auch keinen Mehrwert. Die Politik, ob nun in Gestalt des Finanzministers oder des Wirtschaftsministers, sollte sich weiterhin darauf beschränken Rahmen zu schaffen, nicht sie zu füllen. Eine Fusion mit der Commerzbank würde die Deutsche Bank nicht stärken, sondern im Gegenteil schwächen. Ein langwieriger Integrationsprozess mit ungewissem Ausgang würde Monate-, wenn nicht Jahrelang Kapazitäten binden. Das Beispiel Deutsche Postbank sollte allen Beteiligten ein mahnendes Beispiel sein.
Die Deutsche Bank hat ein Problem, das die Commerzbank nicht lösen kann. Schon gar nicht die Minister Scholz und Altmaier. Was der Deutschen Bank fehlt, nennt man landläufig Zukunft. Eine Perspektive. Eine echte, also fernab von Cost Cutting-Anstrengungen zur Überkompensation sinkender Erträge.
Die Zeit für kleine Schritte vorwärts – sie ist nicht mehr da. Jetzt sind große, raumgreifende Schritte gefordert, dabei aber die richtigen. Mit der Digital Factory hat die Deutsche Bank erste Schritte unternommen. Doch so aussichtsreich die Ambitionen dieser Unit auch sind – so ruhig ist es zuletzt um Projekte wie den Robo-Advisor Robin geworden. Erfolgsmeldungen? Fehlanzeige. Die Deutsche Bank braucht jetzt sofort einen Befreiungsschlag. Von Null auf Hundert von jetzt auf gleich – mit Wirecard im Portfolio wäre das möglich.
Die FT hat sie für Deutschlands Nummer-Eins-Bank „sturmreif geschossen“ (NZZ). Jetzt sollte sie es zu Ende bringen. Günstiger als jetzt wird die Gelegenheit nicht werden. Die Angelsachsen, wenn schon niemand anderem, haben der Deutschen gerade einen Gefallen getan. Die Deutsche Bank sollte jetzt ihre liquiden Mittel einsetzen, sich gegeben falls neue durch eine vierte, finale Kapitalerhöhung besorgen. Sie würde damit anders als die vorherigen eines sichern: Die Zukunft.
Unvorstellbar? Keinesfalls. Die Amerikaner mach es einem vor. Morgan Stanley hat sich mit Solium Capital einen Vermögensverwalter unter die Nägel gerissen, auf den 3.000 Firmen (darunter Stripe, ein guter Bekannter von Wirecard) mit über einer Million Angestellten vertrauen. Weil sie schnell waren, haben sie nur 900 Millionen US-Dollar für Solium bezahlen müssen. Der Zug des billigen Einstiegs (im dreistelligen Millionenbereich) ist bei Wirecard längst abgefahren. Dennoch war es lange selten so günstig wie heute, das Tor zur Zukunft ganz weit aufzustoßen.
Wer jetzt fürchtet, die Erfolgsgeschichte von Wirecard würde dann enden, sieht sich getäuscht. Denn auch Wirecard würde von einer Übernahme profitieren. Raus aus dem Rampenlicht, Fokus aufs Operative. Eine Börsennotiz, zumal im DAX, hat nicht nur Vorteile. Die Anforderungen, die Marktteilnehmer an einen stellen, sind immens. Vorwürfe wie die aktuellen würde man unter dem Dach der Deutschen Bank müde weglächeln. Ein paar Millionen Euro? Ob falsch verbucht oder nicht – am Ende sind und wären es bestenfalls Breuer’sche Peanuts. Die Deutsche Bank hat schon ganz andere Summen aus der Welt geschafft.
Übernahmespekulationen rund um Wirecard sind nichts Neues. Das lesen Sie hier.
Eine Gesamtübersicht zu den Entwicklungen bei der Wirecard AG finden Sie hier.
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