Als es 2011 zur Atomkatastrophe in Fukushima kam, war die Welt der großen Energiekonzerne noch in Ordnung. Die Gewinne florierten, die Dividenden sprudelten und die Aktien galten als sichere Langfristanlagen. Doch mit einem Schlag war alles anders. Der beschleunigte Atomausstieg und die Energiewende sorgten bei E.on und Co für eine schwere Krise. Doch inzwischen ist diese überwunden. Für die neue Energiewelt ist der DAX-Konzern nun gut aufgestellt.
Die undenkbare Lösung
Nachdem E.on vor zwei Jahren die konventionellen Kraftwerke in der Tochter Uniper abgespalten und an die Börse gebracht hatte, folgte in diesem Jahr die zweite Revolution in der Energiebranche. Zunächst wurde die restliche Beteiligung an Uniper an den finnischen Wettbewerber Fortum abgegeben, ehe es zum großen Knall kam. Durch einen milliardenschweren Deal mit dem ewigen Rivalen RWE verabschiedet sich E.on auch von den erneuerbaren Energien, übernimmt dafür künftig aber die Stromnetze und die Kundenlösungen der RWE-Tochter Innogy.
Einst schien eine Kooperation zwischen E.on und RWE undenkbar, doch die Veränderungen in der Energiebranche sorgten nun für ein Umdenken. E.on positioniert sich damit künftig als Energiedienstleister und verabschiedet sich komplett von der Stromerzeugung. Dies erscheint auf den ersten Blick zwar ungewohnt und riskant. Die Strategie von Konzernchef Johannes Teyssen macht aber durchaus Sinn.
Das Risiko sinkt
Durch die Neuordnung gewinnen bei E.on vor allem die Strom- und Gasnetze an Bedeutung. Vor Steuern werden nach der Innogy-Übernahme rund 80 Prozent des Gewinns aus dem staatlich regulierten Geschäft stammen. Hier winken garantierte Renditen im hohen einstelligen Prozentbereich, die Abhängigkeit vom Strompreis sinkt, das Risiko für E.on nimmt entsprechend ab.
E.on will sich aber nicht mit dem Status quo abfinden. Vielmehr sollen Digitalisierung und Elektromobilität genutzt werden, um das Netzgeschäft weiter zu stärken. „Wenn es künftig immer mehr autonome, dezentrale Stromversorger gibt, müssen wir die mit unseren Netzleistungen überzeugen, neue, digitale Produkte entwickeln“, so CEO Teyssen zuletzt im Manager Magazin.
Neue Aufgaben für die Netze
Die intelligenten Netze von E.on sollen einerseits dabei helfen, den Trend zur dezentralen Stromerzeugung umzusetzen. Hier muss beispielsweise an sonnigen Tagen der überschüssige Solarstrom der Selbstversorger eingespeist werden, an dunklen Wintertagen muss dafür wieder mehr Energie an die Haushalte geliefert werden. Andererseits will E.on groß ins Glasfasergeschäft einsteigen. Während die Deutsche Telekom hier nach wie vor mit Investitionen geizt, will der Versorger knapp vier Milliarden Euro investieren. Bereits jetzt hat E.on nach eigenen Angaben 25.000 Kilometer Glasfasernetze.
Die Netze haben in Zukunft somit viele Aufgaben. Neben dem Stromtransport sollen Internetnutzer mit dem ultraschnellen 5G-Netz verbunden, Elektroautos aufgeladen und über digitale Stromzähler der Energieverbrauch gesteuert werden. So entsteht ein Wachstumsmarkt, in dem hohe Zusatzeinnahmen winken.
Hohe Synergien
Es ist jedoch nicht nur die hohe Marktmacht im Netzgeschäft, die die Innogy-Fusion für E.on attraktiv macht. Durch den Zusammenschluss will E.on bereits ab dem kommenden Jahr millionenschwere Synergien heben – ab 2022 sollen sich die Einsparungen auf 600 bis 800 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Vor allem der Verwaltungsaufwand dürfte künftig deutlich abnehmen. Doch auch in den Bereichen IT, Netze und Vertrieb wird es laut Teyssen substanzielle Einsparungen geben.