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DGAP-WpÜG: LifeScience Holding SCSp / Befreiung
Befreiung / Zielgesellschaft: Sartorius Aktiengesellschaft; Bieter:
LifeScience Holding SCSp
09.03.2022 / 17:02 CET/CEST
Veröffentlichung einer WpÜG-Mitteilung, übermittelt durch DGAP - ein Service
der EQS Group AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Bieter verantwortlich.
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LifeScience Holding SCSp
Luxemburg
Veröffentlichung des Tenors und der wesentlichen Gründe
des Bescheids der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht vom 21.
Dezember 2021
über
die Befreiung nach § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG von den Verpflichtungen gemäß §
35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
in Bezug auf die Sartorius Aktiengesellschaft, Göttingen
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2021 hat die Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht (nachfolgend "BaFin") auf entsprechende
Anträge
LifeScience Holding SCSp (nachfolgend "Antragstellerin zu 1)"),
LSH Management GP S.à r.l. (nachfolgend "Antragstellerin zu 2)"),
Armira HC Holding GmbH (nachfolgend "Antragstellerin zu 3)"),
Armira Partners GmbH & Co. KG (nachfolgend "Antragstellerin zu 4)"),
Armira Partners Verwaltungs GmbH (nachfolgend "Antragstellerin zu 5)") und
Herrn Alexander Schemann (nachfolgend "Antragsteller zu 6)" und gemeinsam
mit den Antragstellerinnen zu 1) bis 5) nachfolgend "Antragsteller")
jeweils gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG von den Pflichten befreit, nach § 35
Abs. 1 Satz 1 WpÜG die Kontrollerlangung an der Sartorius Aktiengesellschaft
mit Sitz in Göttingen zu veröffentlichen, nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG der
BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen.
Der Tenor des Bescheids der BaFin lautet wie folgt:
1. Die Antragsteller werden für den Fall, dass sie, indem die
Antragstellerin zu 1) infolge des Vollzugs des SPA-Baro oder des SPA-Franken
(jeweils nachfolgend in Abschnitt A.IV. dieses Bescheids definiert) einen
Anteil an der Erbengemeinschaft-Sartorius (nachfolgend in Abschnitt A.III.
dieses Bescheids definiert) erwirbt, die Kontrolle im Sinne des § 29 Abs. 2
WpÜG über die Sartorius AG mit Sitz in Göttingen erlangen, gemäß § 37 Abs. 1
Var. 5 WpÜG von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die
Kontrollerlangung an der Sartorius AG mit Sitz in Göttingen zu
veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG,
der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Angebotsunterlage
zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs.
2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. dieses Bescheids steht unter
der auflösenden Bedingung, dass die Befreiung entfällt, wenn die
Erbengemeinschaft-Sartorius (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses
Bescheids definiert) über den Zeitpunkt der Beendigung der
Testamentsvollstreckung (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses Bescheids
definiert) fortbesteht, mit der Folge, dass die Stimmrechte aus den zum
Nachlass des Erblassers (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses Bescheids
definiert) gehörenden Sartorius-Stammaktien (nachfolgend in Abschnitt A.I.
dieses Bescheids definiert) der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der
Erbengemeinschaft-Sartorius (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses
Bescheids definiert) zur gesamten Hand gehören.
Die auflösende Bedingung unter Ziffer 2. dieses Bescheids gilt nicht, wenn
die Stimmrechte aus dem zum Nachlass des Erblassers (nachfolgend in
Abschnitt A.III. dieses Bescheids definiert) gehörenden
Sartorius-Stammaktien (nachfolgend in Abschnitt A.I. dieses Bescheids
definiert) zum Zeitpunkt der Beendigung der Testamentsvollstreckung
(nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses Bescheids definiert) weniger als 30
% der in der Sartorius AG mit Sitz in Göttingen vorhandenen Stimmrechte
ausmachen.
3. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. dieses Bescheids kann
widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn
(i) die Antragsteller selbst Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte aus
den zum Nachlass des Erblassers (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses
Bescheids definiert) [gehörenden] Sartorius-Stammaktien (nachfolgend in
Abschnitt A.I. dieses Bescheids definiert) nehmen können, oder
(ii) die Antragsteller ihren Stimmrechtsanteil an der Sartorius AG mit Sitz
in Göttingen anderweitig, einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG
zuzurechnender Stimmrechte (ohne Berücksichtigung der Stimmrechte, die ihnen
aufgrund der Mitgliedschaft der Antragstellerin zu 1) in der
Erbengemeinschaft-Sartorius (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses
Bescheids definiert) gehören oder zuzurechnen sind) auf mindestens 30 %
erhöhen, oder
(iii) die Antragsteller nach erfolgter Auseinandersetzung der
Erbengemeinschaft-Sartorius (nachfolgend in Abschnitt A.III. dieses
Bescheids definiert) über einen Stimmrechtsanteil an der Sartorius AG mit
Sitz in Göttingen (einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG zuzurechnender
Stimmrechte) von mindestens 30 % verfügen.
Der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 3. (i) dieses Bescheids gilt nicht, wenn
die Stimmrechte aus dem zum Nachlass des Erblassers (nachfolgend in
Abschnitt A.III. dieses Bescheids definiert) gehörenden
Sartorius-Stammaktien (nachfolgend in Abschnitt A.I. dieses Bescheids
definiert) weniger als 30 % der in der Sartorius AG mit Sitz in Göttingen
vorhandenen Stimmrechte ausmachen und die Antragsteller ihren
Stimmrechtsanteil an der Sartorius AG mit Sitz in Göttingen nicht
anderweitig, einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG zuzurechnender
Stimmrechte, auf mindestens 30 % erhöhen.
4. Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1. dieses Bescheids ergeht unter
der Auflage, dass die Antragsteller der Bundesanstalt für
Finanzdienstleistungsaufsicht jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes
Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß der vorstehenden Ziffer 3.
dieses Bescheids rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen haben.
5. Für die positive Entscheidung über den Befreiungsantrag ist von den
Antragstellern eine Gebühr zu entrichten.
Die Befreiung beruht jeweils im Wesentlichen auf den folgenden Gründen:
A.
I. Zielgesellschaft
Zielgesellschaft ist die Sartorius Aktiengesellschaft mit Sitz in Göttingen,
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Göttingen unter der
Handelsregisternummer HRB 1970 (nachfolgend "Zielgesellschaft"). Das
Grundkapital der Zielgesellschaft beträgt derzeit EUR 74.880.000,00 und ist
eingeteilt in insgesamt 74.880.000 auf den Inhaber lautende nennbetragslose
Stückaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 je
Aktie, hiervon 37.440.000 Stammaktien (nachfolgend "Sartorius-Stammaktien")
und 37.440.000 Vorzugsaktien ohne Stimmrechte (nachfolgend
"Sartorius-Vorzugsaktien")
(die Sartorius-Stammaktien und Sartorius-Vorzugsaktien zusammen auch
"Sartorius-Aktien").
Die Sartorius-Aktien sind zum Handel am regulierten Markt der Frankfurter
Wertpapierbörse (Prime Standard) und der Börse Hannover zugelassen. Die
Sartorius-Stammaktien werden unter der ISIN DE0007165607 und die
Sartorius-Vorzugsaktien unter der ISIN DE0007165631 gehandelt.
II. Antragsteller
Die Antragstellerin zu 1) ist eine luxemburgische
(Spezial-)Kommanditgesellschaft (Société en commandite spéciale - SCSp),
eingetragen im Handels- und Gesellschaftsregister von Luxemburg (registre de
commerce et des sociétés) unter Nummer B259379. Die Antragstellerin zu 1)
hielt zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Sartorius-Aktien.
Die Antragstellerin zu 2) ist eine nach luxemburgischen Recht errichtete
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (société à responsable limitée - S.à
r.l.), eingetragen im luxemburgischen Handels- und Gesellschaftsregister
(registre
de commerce et des sociétés) unter Nummer B259107. Sie ist einzige
geschäftsführungs- und vertretungsbefugte Komplementärin der Antragstellerin
zu 1) und ist mit einer Einlage von EUR 100,00 an der Antragstellerin zu 1)
beteiligt.
Die Antragstellerin zu 3) ist eine nach deutschem Recht errichtete GmbH,
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter
Handelsregisternummer HRB 269441. Sie hält sämtliche Anteile der
Antragstellerin zu 2).
Die Antragstellerin zu 4) ist eine nach deutschem Recht errichtete
Kommanditgesellschaft, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts
München unter Handelsregisternummer HRA 92168. Sie hält sämtliche Anteile an
der Antragstellerin zu 3).
Die Antragstellerin zu 5) ist eine nach deutschem Recht errichtete GmbH,
eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts München unter der
Handelsregisternummer HRB 171511. Sie ist die einzige geschäftsführungs- und
vertretungsbefugte Komplementärin der Antragstellerin zu 4).
Der Antragsteller zu 6) ist Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 5)
und hält zugleich 75 % der Kommanditanteile an der Antragstellerin zu 4).
III. Erbengemeinschaft nach Horst Walter Sartorius
Zum Nachlass des am 16. Juli 1998 verstorbenen Herrn Horst Walter Sartorius
(nachfolgend "Erblasser") gehören insgesamt 18.754.160 Sartorius-Stammaktien
(entsprechend rund 50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals)
der Zielgesellschaft.
Der Erblasser hat durch notarielles Testament vom 29. Juli 1997 über die zum
Nachlass gehörenden Sartorius-Aktien die Verwaltung durch einen
Testamentsvollstrecker für die Dauer von 30 Jahren angeordnet, die mit
Wirkung zum Ablauf des 16. Juli 2028 enden wird (nachfolgend
"Testamentsvollstreckung").
Das Amt des Testamentsvollstreckers wird seit dem 8. September 2017 von Dr.
Lothar Kappich ausgeübt (nachfolgend "Testamentsvollstrecker"). In dieser
Funktion ist der Testamentsvollstrecker zur weisungsfreien Ausübung der
Stimmrechte aus den im Nachlass befindlichen Stammaktien der
Zielgesellschaft befugt.
Die Erbengemeinschaft nach dem Erblasser (nachfolgend
"Erbengemeinschaft-Sartorius")
bestand bis zuletzt aus Frau Ulrike Baro (nachfolgend "Frau Baro"), Frau
Karin Sartorius-Herbst (nachfolgend "Frau Sartorius-Herbst") und Frau
Christine Franken (nachfolgend "Frau Franken"), den Töchtern des Erblassers,
sowie Herrn Andreas Franken (nachfolgend "Herr A. Franken") und Herrn
Kai-Christian Franken (nachfolgend "Herr K.-C. Franken"), den Kindern von
Frau Franken (nachfolgend Frau Franken, Herr A. Franken und Herr K.-C.
Franken zusammen die "Familie Franken"; Frau Baro, Frau Sartorius Herbst und
die Familie Franken zusammen die "Mitglieder der
Erbengemeinschaft-Sartorius").
Die Mitglieder der Erbengemeinschaft-Sartorius waren insoweit an der
Erbengemeinschaft-Sartorius wie folgt beteiligt:
Mitglied der Anteil (absolut) Anteil (prozentual)
Erbengemeinschaft
Frau Sartorius-Herbst 500/1500 33,33 %
Frau Baro 500/1500 33,33 %
Frau Franken 478/1500 31,87 %
Herr A. Franken 11/1500 0,73 %
Herr K.-C. Franken 11/1500 0,73 %
Nach dem Versterben von Herrn A. Franken steht der auf Herrn A. Franken
entfallende Anteil an der Erbengemeinschaft-Sartorius nunmehr den
Mitgliedern der Erbengemeinschaft nach Herrn A. Franken (nachfolgend
"Erbengemeinschaft-Franken")
zur gesamten Hand zu.
IV. Die Transaktion
Über Anteile an der Erbengemeinschaft-Sartorius sind zwei Kaufverträge
zustande gekommen.
1. SPA-Baro
Zwischen Frau Baro und der Antragstellerin zu 1) ist am 24. November 2021
ein notariell beurkundeter Vertrag über den Verkauf und die Übertragung des
von Frau Baro gehaltenen Anteils an der Erbengemeinschaft-Sartorius von rund
33,33 % zustande gekommen (nachfolgend "SPA-Baro"). Gemäß Ziffer 3.2. des
SPA-Baro ist die Vornahme der Vollzugshandlungen für den Vollzug des
SPA-Baro von verschiedenen aufschiebenden Bedingungen abhängig (nachfolgend
"Vollzugsbedingungen-Baro").
2. SPA-Franken
Am 24. November 2021 wurde zudem ein Vertrag über den Kauf und Erwerb von
Anteilen an der Erbengemeinschaft-Sartorius zwischen der Antragstellerin zu
1), der Familie Franken sowie der Sartorius-Herbst Beteiligungen I GmbH
(nachfolgend "SHB I GmbH") und der Sartorius-Herbst Beteiligungen II GmbH
(nachfolgend "SHB II GmbH") geschlossen (nachfolgend "SPA-Franken").
Auf Grundlage des SPA-Franken hat unter anderem die Antragstellerin zu 1)
einen Anteil von Frau Franken an der Erbengemeinschaft-Sartorius im Umfang
von rund 5,2 % und die Anteile von Herrn A. Franken und Herrn K.-C. Franken
an der Erbengemeinschaft-Sartorius im Umfang von jeweils 0,73 % (nachfolgend
zusammen "Franken-Anteil 1") gekauft. Gemäß Ziffer 3.5. des SPA-Franken ist
die Vornahme der Vollzugshandlungen für den Vollzug des SPA-Franken von
verschiedenen aufschiebenden Bedingungen abhängig (nachfolgend
"Vollzugsbedingungen-Franken").
3. Folgen des Vollzugs des SPA-Baro und des SPA-Franken
Infolge des Vollzugs des SPA-Baro und des SPA-Franken (nachfolgend
"Transaktion"),
würde die Antragstellerin zu 1) rund 39,99 % der Anteile an der
Erbengemeinschaft-Sartorius erwerben, die nach der Beendigung der
Testamentsvollstreckung zum Erhalt von rund 20,04 % der zum Nachlass des
Erblassers gehörenden Sartorius-Stammaktien berechtigen werden.
B.
Den Anträgen war stattzugeben, weil sie zulässig und begründet sind. Die
Voraussetzungen für eine Befreiung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 1 Satz 1 WpÜG liegen vor.
[Ergänzende Hinweise der Antragsteller: Aufgrund des Eintritts der
Vollzugsbedingungen-Baro sowie der Vollzugsbedingungen-Franken und der
Vornahme der jeweiligen Vollzugshandlungen wurde die Transaktion am 9. März
2022 vollzogen und die Antragsteller haben Kontrolle an der Zielgesellschaft
im Sinne der §§ 29 Abs. 2, 35 WpÜG erlangt. Dem Bescheid der BaFin lagen zum
Zeitpunkt seines Erlasses am 21. Dezember 2021 im Wesentlichen die
nachfolgenden Erwägungen zugrunde:]
I. Zulässigkeit der Anträge
Die Anträge der Antragsteller sind zulässig.
Die Anträge wurden am 3. Dezember 2021 gemäß den Vorgaben des § 45 Satz 1
WpÜG bei der BaFin gestellt. Die Anträge erfolgten auch fristgerecht. Gemäß
§ 8 Satz 2 WpÜG AngebotsVO kann ein Antrag bereits vor Erlangung der
Kontrolle über die Zielgesellschaft gestellt werden. Dies ist vorliegend der
Fall, da die Antragsteller derzeit noch keine Kontrolle über die
Zielgesellschaft haben. Die Kontrollerlangung erfolgt erst infolge des
Erwerbs von Anteilen an der Erbengemeinschaft-Sartorius durch die
Antragstellerin zu 1) durch Vollzug (i) des SPA-Baro, das aufschiebend
bedingt ist auf den Eintritt der Vollzugsbedingungen-Baro und/oder (ii) des
SPA-Franken, das aufschiebend bedingt ist auf den Eintritt der
Vollzugsbedingungen-Franken (vgl. hierzu unten Abschnitt B.II.1. dieses
Bescheids).
Darüber hinaus besteht schon jetzt das erforderliche
Sachbescheidungsinteresse. Über die Anträge konnte vor der Kontrollerlangung
der Antragsteller entschieden werden. Voraussetzung hierfür ist, dass sich
die Kontrollerlangung als vorhersehbar (vgl. BT Drucks. 14/7034 vom 5.
Oktober 2001, S. 81) und aus Gründen der Sicherstellung der ernsthaften
Bereitschaft zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich darstellt (vgl.
Krause/Pötzsch/Seiler, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG, § 8 WpÜG
Angebotsverordnung, Rdn. 8 f.; Versteegen, in: Kölner Komm. z. WpÜG, Anh. z.
§ 37 § 8 WpÜG AngVO Rz. 6). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Antragstellerin zu 1) hat mit Frau Baro das SPA-Baro geschlossen, dessen
Vollzug vom Eintritt der Vollzugsbedingungen-Baro abhängt. Allerdings hat
die Antragstellerin zu 1) bereits im Zusammenhang mit dem Zustandekommen des
SPA-Baro mitgewirkt, weshalb sich die ernsthafte Bereitschaft der
Antragstellerin zu 1) zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich darstellt.
Insoweit ist nicht davon auszugehen ist, dass der Vollzug des SPA-Baro daran
scheitern wird, dass die Antragstellerin zu 1) die erforderlichen
Vollzugshandlungen zum Zeitpunkt des Vollzugs des SPA-Baro, auf deren
Erfüllung die Antragstellerin zu 1) Einfluss hat, nicht vornimmt.
Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf das SPA-Franken. Die
Antragstellerin zu 1) hat mit Familie Franken, der SHB I GmbH und der SHB II
GmbH das SPA-Franken geschlossen, dessen Vollzug vom Eintritt der
Vollzugsbedingungen-Franken abhängt. Gleichwohl hat die Antragstellerin zu
1) beim Abschluss mehrerer auf die Transaktion bezogener Vereinbarungen
mitgewirkt, weshalb sich die ernsthafte Bereitschaft der Antragstellerin zu
1) zum Kontrollerwerb als sehr wahrscheinlich darstellt. Insoweit ist nicht
davon auszugehen ist, dass der Vollzug des SPA-Franken daran scheitern wird,
dass die Antragstellerin zu 1) die erforderlichen Vollzugshandlungen zum
Zeitpunkt des Vollzugs des SPA-Franken, auf deren Erfüllung die
Antragstellerin zu 1) Einfluss hat, nicht vornimmt.
II. Begründetheit
Die Anträge sind auch begründet. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen für
eine Befreiung der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG (fehlende
tatsächliche Möglichkeit der Kontrollausübung) vor. Das Interesse der
Antragsteller an einer Befreiung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG überwiegt das Interesse der außenstehenden
Aktionäre der Zielgesellschaft an einem öffentlichen Pflichtangebot.
1. Kontrollerlangung durch die Antragsteller
Die Antragsteller werden infolge des Vollzugs des SPA-Baro und/oder des
SPA-Franken und des damit einhergehenden Erwerbs der Mitgliedschaft in der
Erbengemeinschaft-Sartorius durch die Antragstellerin zu 1) die Kontrolle an
der Zielgesellschaft gemäß §§ 29 Abs. 2, 35 WpÜG erlangen.
a) Antragstellerin zu 1)
Die Antragstellerin zu 1) wird mit Vollzug des SPA-Baro und/oder des
SPA-Franken zum Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius. Den Mitgliedern
einer Erbengemeinschaft steht das Gesamthandseigentum an den zum Nachlass
gehörenden Aktien zu mit der Folge, dass die Aktien jedem einzelnen Mitglied
der Erbengemeinschaft ganz gehören (vgl. Bayer/Sarakinis, NZG 2018, 561;
s.a. Ring, in: NK BGB, 4. Aufl. 2016, § 903 Rz. 18). Zum Nachlass des
Erblassers gehören insgesamt 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend
rund 50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der
Zielgesellschaft). Die Antragstellerin zu 1) wird somit infolge des Vollzugs
des SPA-Baro und/oder des SPA-Franken und des damit einhergehenden Erwerbs
der Mitgliedschaft in der Erbengemeinschaft-Sartorius die Kontrolle an der
Zielgesellschaft gemäß §§ 29 Abs. 2, 35 WpÜG erlangen.
b) Antragstellerin zu 2)
Die Stimmrechte aus den 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend rund
50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft),
die der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius
gehören, werden der Antragstellerin zu 2) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB zuzurechnen
sein.
Kommen der einzigen Komplementärin einer Kommanditgesellschaft die
gesetzlichen Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnisse zu (nach dem
gesetzlichen Normalstatut organisierte Kommanditgesellschaft), so gilt die
Kommanditgesellschaft gemäß § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB
als Tochterunternehmen ihrer alleinigen Komplementärin. Nach Sinn und Zweck
der Vorschrift übt der Komplementär der Kommanditgesellschaft auch gem. §
290 HGB den beherrschenden Einfluss eines Mutterunternehmens aus. Zwar steht
ihm nicht das Recht zu, bei einem anderen Unternehmen die Mehrheit des
Leitungsorgans zu bestimmen, Jedoch ist der Komplementär als einziger
geschäftsführungsbefugter Gesellschafter selbst Leitungsorgan, so dass ihm
im Rahmen der bei Personengesellschaften bestehenden Selbstorganschaft eine
mindestens gleich starke Stellung zukommt, wie demjenigen, der das
Leitungsorgan bestimmt. Die Grundsätze sind auch auf ausländische
Rechtsformen zu übertragen, sofern sie dem gesetzlichen Normalstatut einer
inländischen Kommanditgesellschaft vergleichbar ist. So liegt es hier. Die
Antragstellerin zu 2) ist ausweislich Ziffer 9.1.1 des Limited Partnership
Agreements (in der ersten Änderungsfassung vom 24. November 2021)
(nachfolgend "LP-Agreement") einzige geschäftsführungs- und
vertretungsbefugte Komplementärin der Antragstellerin zu 1). Die
Kommanditisten der Antragstellerin zu 1) haben ausweislich Ziff. 9.1.5 des
LP-Agreements keine Geschäftsführungs- oder Vertretungsbefugnisse.
c) Antragstellerin zu 3)
Die Stimmrechte aus den 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend rund
50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft),
die der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius
gehören, werden der Antragstellerin zu 3) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB zuzurechnen
sein, da die Antragstellerin zu 3) Alleingesellschafterin der
Antragstellerin zu 2) ist.
d) Antragstellerin zu 4)
Die Stimmrechte aus den 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend rund
50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft),
die der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius
gehören, werden der Antragstellerin zu 4) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB zuzurechnen
sein, da die Antragstellerin zu 4) Alleingesellschafterin der
Antragstellerin zu 3) ist.
e) Antragstellerin zu 5)
Die Stimmrechte aus den 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend rund
50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft),
die der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius
gehören, werden der Antragstellerin zu 5) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,
Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 2 HGB zuzurechnen
sein, da die Antragstellerin zu 5) einzige geschäftsführungs- und
vertretungsbefugte Komplementärin der Antragstellerin zu 4) ist. Insoweit
gelten die Ausführungen unter Abschnitt B.II.1.b) dieses Bescheids zur
Beherrschung einer Kommanditgesellschaft entsprechend.
f) Antragsteller zu 6)
Die Stimmrechte aus den 18.754.160 Sartorius-Stammaktien (entsprechend rund
50,09 % der Stimmrechte und 25,05 % des Grundkapitals der Zielgesellschaft),
die der Antragstellerin zu 1) als Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius
gehören, werden schließlich dem Antragsteller zu 6) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1
Nr. 1, Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 WpÜG i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB
zuzurechnen sein, da er Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 5) ist
und zudem mit 75 % die Mehrheit der Kommanditanteile an der Antragstellerin
zu 4) hält.
2. Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 Var. 5
WpÜG
Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1
Var. 5 WpÜG von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
liegen vor. Die fehlende tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle
rechtfertigt es, (auch) unter Berücksichtigung der Interessen der anderen
Inhaber von Aktien der Zielgesellschaft eine Befreiung von den
Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG auszusprechen.
Nach den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls
ist es ausgeschlossen, dass die Antragstellerin zu 1) tatsächlich die
Kontrolle über die Zielgesellschaft ausüben kann. Die Antragstellerin zu 1)
wird zwar durch den Vollzug des SPA-Baro und/oder des SPA-Franken zum
Mitglied der Erbengemeinschaft-Sartorius. Der Erblasser hat jedoch
testamentarisch über die zum Nachlass gehörenden Sartorius-Stammaktien die
Testamentsvollstreckung angeordnet, die mit Wirkung zum Ablauf des 16. Juli
2028 enden wird. In dieser Funktion ist der Testamentsvollstrecker zur
weisungsfreien Ausübung der Stimmrechte aus den im Nachlass befindlichen
Stammaktien der Zielgesellschaft befugt, ohne dass die Mitglieder der
Erbengemeinschaft-Sartorius - und somit letztlich auch künftig die
Antragstellerin zu 1) - Einfluss auf die Entscheidung des
Testamentsvollstreckers nehmen könnten.
Die Entscheidung über die Stimmrechtsausübung aus den zum Nachlass des
Erblassers gehörenden Sartorius-Stammaktien trifft somit bis zum Zeitpunkt
der Beendigung der Testamentsvollstreckung allein der
Testamentsvollstrecker, nicht aber die Antragstellerin zu 1).
Dementsprechend ähnelt ihre Rechtsposition der eines "einflusslosen
Poolmitglieds" (vgl. Meyer, in: Angerer/Geibel/Süßmann, WpÜG, 3. Aufl. 2017,
§ 37 Rz. 54). Der Befreiungsgrund des § 37 Abs. 1 Var. 5 WpÜG liegt
dementsprechend vor.
Entsprechend kommt auch den Antragstellerinnen zu 2) bis 5) sowie dem
Antragsteller zu 6), vermittelt über ihre mittelbare Beteiligung an der
Antragstellerin zu 1), keine Möglichkeit zu, Einfluss auf die
Zielgesellschaft oder im kontrollrelevanten Umfang auf die Ausübung von
Stimmrechten aus den zum Nachlass des Erblassers gehörenden
Sartorius-Stammaktien zu nehmen.
3. Ermessen
Befreiungen nach § 37 WpÜG stehen im Ermessen der BaFin. In der
Ermessensabwägung sind die Interessen der Antragsteller an der Befreiung dem
Interesse der übrigen Aktionäre der Zielgesellschaft an der Durchführung
eines Pflichtangebots gegenüberzustellen (vgl. Schmiady, in: Steinmeyer,
WpÜG, § 37 Rz. 56).
Bei Abwägung der Interessen der anderen Aktionäre der Zielgesellschaft an
einem Pflichtangebot mit dem Interesse der Antragsteller an einer Befreiung
von den Verpflichtungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG
überwiegen die Interessen der Antragsteller deutlich.
Der formale Kontrollerwerb der Antragsteller bietet den außenstehenden
Aktionären keinen Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung
zu treffen. Vielmehr bleibt die materielle Kontrollsituation letztlich
unverändert, da die Entscheidungen über die Stimmrechtsausübung aus den zum
Nachlass des Erblassers gehörenden Sartorius-Stammaktien auch nach dem
Erwerb von Anteilen an der Erbengemeinschaft-Sartorius durch die
Antragstellerin zu 1) bis zum Zeitpunkt der Beendigung der
Testamentsvollstreckung allein vom Testamentsvollstrecker getroffen werden,
ohne dass die Antragstellerin zu 1) auf die Entscheidungen des
Testamentsvollstreckers über die Stimmrechtsausübung Einfluss nehmen könnte;
entsprechendes gilt für die Antragstellerinnen zu 2) bis 5) und den
Antragsteller zu 6).
Somit müssen die außenstehenden Aktionäre auch keine transaktionsbedingte
Änderung in der Unternehmensführung der Zielgesellschaft erwarten, so dass
ihr etwaiges Interesse an einem Pflichtangebot als gering zu bewerten ist
und jedenfalls hinter dem Interesse der Antragsteller, nicht mit den Kosten
eines Pflichtangebots belastet zu werden, zurückstehen muss.
Luxemburg, im März 2022
LifeScience Holding SCSp
Die Manager der Komplementärin LSH Management GP S.à r.l.
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Börsen: Zielgesellschaft: Regulierter Markt in Frankfurt (Prime
Standard), Hannover; Freiverkehr in Berlin, Düsseldorf,
Hamburg, München, Stuttgart, Tradegate Exchange
Ende der Mitteilung DGAP News-Service
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1298179 09.03.2022 CET/CEST
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Quelle: dpa-AFX