Wegen häufiger beobachteten Nebenwirkungen bei geimpften jungen Menschen ändert die Ständige Impfkommission (Stiko) nun ihre Empfehlung: Kinder ab 12 sowie Jugendliche und Erwachsene unter 30 Jahren sollen künftig nur noch mit dem Corona-Impfstoff von BioNTech und nicht mehr mit dem von Moderna geimpft werden. Im vorbörslichen US-Handel sowie an Deutschlands Börsen reagieren die beiden Aktien bereits.
Aktuelle Meldeanalysen zeigten laut Stiko, dass Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen bei jüngen Menschen nach der Moderna-Impfung (Spikevax) häufiger beobachtet würden als nach der BioNTech-Impfung (Comirnaty). Die neue Empfehlung gelte nun sowohl für die Grundimmunisierung als auch für mögliche Auffrischimpfungen, so die Stiko. Auch wenn zuvor ein anderer Impfstoff verwendet worden sei, solle für weitere Impfungen nun BioNTech genutzt werden, hieß es.
Das Expertengremium beruft sich auf Sicherheitsdaten des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und internationale Daten. Die Stiko rät außerdem, dass auch Schwangere unabhängig vom Alter BioNTech bekommen sollten, auch wenn es für sie noch keine vergleichenden Sicherheitsdaten zu den beiden Impfstoffen gebe.
Es handelt sich noch nicht um eine finale Stiko-Empfehlung. Der Beschlussentwurf zur entsprechenden Aktualisierung der Covid-19-Impfempfehlung sei zur Abstimmung an Fachkreise und Länder gegangen, hieß es. Änderungen seien daher noch möglich.
Nebenwirkungen "überwiegend mild"
Der Verlauf der Herzmuskel- und Herzbeutelentzündungen sei nach bisher vorliegenden Sicherheitsberichten "überwiegend mild", erklärte die Stiko. Wie das PEI in seinem Sicherheitsbericht angibt, traten die Entzündungen insbesondere nach der zweiten Impfung auf. Erste Beschwerden würden typischerweise innerhalb weniger Tage nach dem Piks bemerkt. Die Stiko betonte, für Menschen ab 30 bestehe nach der Moderna-Impfung kein erhöhtes Risiko für die beiden Entzündungen.
Die Impfstoffe von BioNTech/Pfizer und dem US-Hersteller Moderna ähneln sich in einigen Punkten: Es sind beides mRNA-Impfstoffe, für die Grundimmunisierung werden zwei Dosen verabreicht. Seit der Einführung beider Präparate sei bekannt, dass sie "in seltenen Fällen" Herzmuskel- und/oder Herzbeutelentzündungen bei jüngeren Menschen zur Folge haben können, schreibt die Stiko.
Der Vorsitzende Thomas Mertens sagte der dpa am Mittwoch, die Hypothese sei, dass die häufiger erfassten Fälle beim Moderna-Impfstoff mit dessen vergleichsweise höherer mRNA-Dosierung zusammenhängen könnten.
Auch Frankreichs oberste Gesundheitsbehörde rät Menschen unter 30 aus den gleichen Gründen von Moderna ab, wie aus einer Empfehlung der Behörde vom Montagabend hervorging.
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Moderna beantragt bei EMA Zulassung für Kinder
Moderna hatte am Vortag mitgeteilt, bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA die Impf-Zulassung auch für Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren beantragt zu haben (DER AKTIONÄR berichtete). Noch gibt es in Europa keinen zugelassenen Impfstoff für Kinder unter 12 Jahren. Modernas Corona-Impfstoff ist in den USA ab 18 Jahren zugelassen, in der EU bereits für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren. In den USA hatte Ende Oktober bereits der Corona-Impfstoff von BioNTech /Pfizer für Kinder zwischen fünf und elf Jahren eine Notfallzulassung bekommen
Für Moderna ist der Stiko-Rat, bei jüngeren Menschen auf BioNTech umzuschwenken, keine gute Nachricht. Doch beim Blick auf die Zahlen relativiert sich das Bild. Von den insgesamt 447 Millionen Bürgern der EU gehören übern Daumen gerechnet gut 60 Millionen zur betreffenden Gruppe der 12- bis U30-Jährigen. Von denen sind sicher bereits viele geimpft. Außerdem warten in der Kindergruppe U12 neue potenzielle Impf-Kandidaten auf Moderna-Spritzen.
An der Börse standen beide Impfstoff-Hersteller zuletzt deutlich unter Druck. Am Mittwoch zeigt sich die Moderna-Aktie vorbörslich etwas schwächer als die BioNTech-Aktie. Seit Jahresanfang laufen die beiden Impfstoff-Hersteller weitgehend parallel – mit einem Vorteil für BioNTech (siehe Kursentwicklung via Tradegate).
Beide Pharma-Konzerne haben angesichts der anziehenden Neuinfektionen und anstehenden Booster-Impfungen längerfristig noch Corona-Potenzial. Beide haben zudem weitere Produkte in der Pipeline. Die Entwicklung der mRNA-basierte Technologie öffnet beiden Unternehmen neue Türen.
DER AKTIONÄR bleibt trotz aller aktuellen Kursturbulenzen zuversichtlich für die weitere Entwicklung beider Pharma-Konzerne. Sowohl BioNTech als auch Moderna sind laufende Empfehlungen. BioNTech hat mit Blick auf aussichtsreiche Onkologie-Projekte derzeit vielleicht die Nase vorn.
Wer nicht auf Einzelwerte unter den Impfstoff-Aktien setzen möchte, wirft einen Blick auf den Impfstoff-Aktien-Index des AKTIONÄR. Die Korrektur seit September hat den Index mit seinen acht Werten auf ein interessantes Einstiegsniveau gedrückt.
(Mit Material von dpa-AFX)
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