Volkswagen hat am Freitag kurz nach Börsenschluss bekanntgegeben, dass Vorstandschef Herbert Diess das Unternehmen verlassen wird. Zum 1. September 2022 wird für den Konzernlenker Schluss sein. Sein Nachfolger wird Porsche-Chef Oliver Blume. Was bedeutet das für die VW-Aktie?
„Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG und Herr Dr. Herbert Diess haben sich heute darauf verständigt, dass Herr Dr. Diess mit Wirkung zum 1. September 2022 einvernehmlich als Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG ausscheidet", heißt es in einer am Freitagabend veröffentlichen Ad-Hoc-Meldung des Autobauers.
Der umtriebige, aber oft für seine Sprunghaftigkeit kritisierte Herbert Diess geht also zum 1. September. Dann wird der aktuelle Porsche-Chef Oliver Blume seinen Posten übernehmen.
Bernstein-Analyst Daniel Roeska bringt es auf den Punkt: Der Autobauer mache eine schlechte Situation in der Unternehmensführung noch schlechter, so der Experte in einer Studie. Unter dem Porsche-Chef Oliver Blume hoffe man offenbar auf eine erfolgreichere Software-Strategie. Es werde aber Monate dauern, bis neue Pläne bekannt werden. Seiner Ansicht nach ist es der falsche Zeitpunkt für eine Neubesetzung, während der Konzern auf ein herausforderndes Jahr 2023 zusteuere.
Am Ende war es wohl doch ein Problem, ein Streit zu viel für Herbert Diess. Angeblich schrammte Diess bereits zweimal haarscharf an einem Rauswurf als VW-Konzernchef vorbei.
"Ich glaube, daß ein großer Punkt die Neuausrichtung der Software-Strategie sein wird. Cariad bleibt nicht so wie es war."
Jenseits der fachlichen Aufgaben könnte die Personalie auch einen Wechsel im Führungsstil markieren. Diess ist in der Branche hoch angesehen. Ohne ihn - da stimmt fast jeder zu - stünde VW mit seinen Elektromodellen nicht dort, wo der größte europäische Autobauer heute steht. Allerdings gab es zuletzt Probleme, vor allem bei der stockenden und sich nochmals deutlich verteuernden Entwicklung eigener Software.
Blume wird nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer denn auch die Softwaresparte neu ausrichten. "Ich glaube, daß ein großer Punkt die Neuausrichtung der Software-Strategie sein wird. Cariad bleibt nicht so wie es war. Der Plan, alles eigenständig und zentral zu machen dürfte überdacht werden. Kooperationen und die einzelnen Marken werden wichtiger werden. Der Wandel der Branche zu softwarezentrierten Wagen ist für klassische Anbieter wie VW eine Riesenherausforderung", sagt der Branchen-Experte.
Die Anleger reagieren verunsichert auf die Meldung. Nachdem die VW-Vorzüge am Freitag rund 1,2 Prozent tiefer aus dem Xetra-Handel gegangen sind, geht es am Montag weiter abwärts. Kurzfristig könnte der Rauswurf Diess´ die Aktie belasten. Diess stand wie keine anderer hinter der Elektro-Strategie von VW. Blume wird vor allem die Software-Sparte ankurbeln. Bis sich hier erste Erfolge zeigen, könnte es jedoch Monate dauern. Die Aktie bleibt auf der Beobachtungsliste.
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