Plötzlich geht alles ganz schnell. Die Europäische Union und die USA haben in ihrem jahrelangen Handelsstreit über Flugzeug-Subventionen einen Kompromiss gefunden und legen die ganze Sache jetzt für mindestens fünf Jahre erstmal auf Eis. Es gibt allerdings Bedingungen. Die Airbus-Aktie markiert zeitweise ein neues 52-Wochen-Hoch.
Die EU und die USA haben einen Kompromiss im Streit über Strafzölle wegen Subventionen für Airbus und Boeing erzielt und damit einen ihrer schwierigsten und längsten Handelskonflikte entschärft. Dies teilten beide Seiten am Nachmittag am Rande des EU-USA-Gipfels in Brüssel mit. Zentraler Punkt ist, dass die gegenseitig verhängten Strafzölle für fünf Jahre ausgesetzt werden. Profitieren könnten auch Verbraucher, weil Aufpreise für importierte Waren wegfallen.
"Dieses Treffen begann mit einem Durchbruch bei Flugzeug-Herstellern", erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schriftlich. "Das öffnet wirklich ein neues Kapitel in unseren Beziehungen, weil wir von Klagen zur Kooperation bei Flugzeugen übergehen - nach 17 Jahren Streitigkeiten." Zuvor hatte von der Leyen bereits gesagt, dass sie eine Einigung im Rahmen des Treffens mit US-Präsident Joe Biden an diesem Dienstag erwartet.
Beide Seiten hatten über viele Jahre die jeweils eigenen Flugzeugbauer subventioniert und sich dann gegenseitig wegen Wettbewerbsverzerrung vor der Welthandelsorganisation WTO verklagt. WTO-Schiedsgerichte hatten die Subventionen für illegal erklärt und milliardenschwere Strafzölle erlaubt.
Die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai nannte Einzelheiten zur Einigung und machte auch die Stoßrichtung deutlich: "Statt mit einem unserer engsten Verbündeten zu streiten, verbünden wir uns endlich gegen eine gemeinsame Bedrohung: Wir haben vereinbart, Chinas nicht-marktkonformen Praktiken in diesem Sektor mit einzelnen Maßnahmen zu kontern, die unsere Standards für fairen Wettbewerb einhalten." Das schließe Investitionen und Technologietransfer ein.
Teil des Kompromisses sei, dass alle von der WTO genehmigten Strafzölle der USA und der EU für fünf Jahre ausgesetzt werden. Dies gelte, solange die EU-Unterstützung für Airbus sich im Rahmen der Vereinbarung bewege. Sollte die EU dagegen verstoßen und US-Produzenten Wettbewerbsnachteile haben, könnten die USA reagieren und ausgesetzte Zölle reaktivieren, erklärte Tai.
Airbus hat den Kompromiss im Streit über Strafzölle wegen Subventionen begrüßt. Alles, was die Bedingungen in dieser wettbewerbsintensiven Branche angleiche, sei gut, sagte Airbus-Verkaufschef Christian Scherer in einer Online-Konferenz. "Die Zölle kamen zufällig, als wir einen Konkurrenten hatten, der ernsthafte Probleme hatte", so Scherer weiter. Damit spielte er auf den Erzrivalen Boeing und die Krise rund um den Unglücksjet 737 Max an. Das sei "aggressiver Stil" gewesen. Nun könne Boeing wieder Flugzeuge liefern. Das sollte man mit Blick auf den Kompromiss auch vor Augen haben.
Die Airbus-Aktie stieg am Vormittag zeitweise um rund 1,5 Prozent und erreichte das höchste Niveau seit Anfang März 2020. Zuletzt rutschte der Kurs jedoch wieder unter die 113-Euro-Marke in den roten Bereich. Die Boeing-Aktie notiert derweil 0,8 Prozent höher als am Montag bei nun 247 Dollar.
Rückenwind bekamen die Kurse der Flugzeugbauer zwischenzeitlich auch von einer Studie der Berenberg Bank. Nach drastischen Produktionskürzungen in der Corona-Krise nehme die Erholung nun wieder Fahrt auf, urteilte Analyst Andrew Gollan und erhöhte deshalb seine Kursziele für Airbus von 110 auf 140 Euro und für Boeing von 215 auf 245 Dollar. (Mit Material von dpa-AFX)
Die sich abzeichnende Einigung im Subventionsstreit nimmt eine Bürde von den beiden Flugzeugbauern. DER AKTIONÄR bevorzugt die Airbus-Aktie gegenüber Boeing und hat für die Europäer ein Kursziel von 130 Euro ausgegeben.