Die wieder aufflammende Angst vor einer Übergewinnsteuer in Deutschland hat die Aktien von RWE und Encavis am Mittwoch unter Druck gesetzt. Medienberichte über entsprechende Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums machten die Anleger erneut nervös. Verbraucher sollen demnach billigeren Strom billiger bekommen – finanziert durch eine Abgabe der Energiekonzerne.
Wie das Handelsblatt aus einem 18-seitigen Konzept für eine Strompreisbremse zitiert, sollen 90 Prozent der sogenannten Zufallsgewinne abgeschöpft werden. So werden die Gewinne bezeichnet, die Versorger mit niedrigen Produktionskosten angesichts der hohen Strompreise derzeit erzielen. Für den Handel auf dem Spotmarkt könnte die Gewinnabschöpfung dem Papier zufolge sogar rückwirkend vom 1. März an gelten.
Verantwortlich für die Entwicklung am Strommarkt ist die Merit-Order-Regel. Diese besagt, dass immer die günstigste Erzeugungsvariante zum Einsatz kommt, der Preis aber durch das teuerste eingesetzte Kraftwerk bestimmt wird – das sind aktuell die Gaskraftwerke. Günstigere Energiearten wie die Erneuerbaren, Atomkraftwerke oder Braunkohlekraftwerke erzielen deshalb derzeit besonders hohe Gewinne, die künftig abgeschöpft werden könnten.
Anleger sollten deshalb aber nicht in Panik verfallen. Zum einen ist fraglich, ob rückwirkende Änderungen juristisch überhaupt durchführbar sind, zum anderen wurde am Markt ohnehin bereits mit einem Strompreisdeckel gerechnet. Der Bund will zudem den Ausbau grüner Energien keinesfalls begrenzen und wird den Anreiz zu Investitionen durch Gewinnbeschränkungen nicht komplett streichen.
RWE und Encavis werden weiter gutes Geld verdienen. Die Risiken durch Gewinnabschöpfung und Strompreisdeckel sollten bereits eingepreist sein. Langfristig sind die Aussichten für Green-Tech-Werte weiterhin gut. Anleger können Rücksetzer deshalb zum Kauf nutzen.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Encavis.
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