In letzter Minute haben die Lufthansa und ihre Piloten einen erneuten Streik abgewendet. Nach dpa-Informationen einigten sich beide Seiten am Dienstag in Frankfurt. Details wurden zunächst nicht bekannt. Auch gab es zunächst noch keine offizielle Rücknahme der Streikankündigung durch die Vereinigung Cockpit. Die Aktie goutiert die News dennoch mit einem Sprung.
Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte in der Nacht eine zweite Streikwelle ab Mittwoch angekündigt, die nur noch durch ein "ernstzunehmendes Angebot" seitens der Lufthansa verhindert werden könne. Bei der Lufthansa-Kerngesellschaft sollte demnach am Mittwoch und Donnerstag gestreikt werden, bei der Frachttochter Lufthansa Cargo einen Tag länger.
Die Verhandlungen hatten um 10.00 Uhr begonnen und standen unter hohem Zeitdruck, weil die Lufthansa im Fall eines Streiks über Flugstreichungen hätte entscheiden müssen. Dies sei sowohl für die Flugzeug- und Crew-Disposition als auch für einen zumindest minimalen Vorlauf für die Fluggäste notwendig, teilte das Unternehmen mit. Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann hatte die Drohung und die Eskalation zwar für falsch erklärt, aber dennoch ein neues Angebot unterbreitet.
Streik mit heftigen Auswirkungen
Die Lufthansa hatte bereits für den vergangenen Freitag den kompletten Betrieb der Kerngesellschaft gestrichen, nachdem die VC ihre Mitglieder zur ersten Streikwelle aufgerufen hatte. Rund 800 Flüge mit 130.000 Passagieren fielen aus.
Neue Verhandlungsstrategie führt zum Erfolg
Die VC änderte ihre frühere Forderung nach einem automatisierten Inflationsausgleich und forderte nun eine jährliche Tariferhöhung um 8,2 Prozent ab 2023 - zusätzlich zu einer Erhöhung in diesem Jahr um 5,5 Prozent. Die Lufthansa hat pauschale Erhöhungen der Grundvergütung von 500 Euro zum 1. September 2022 und um 400 Euro zum 1. April 2023 angeboten. Das ergebe je nach bisherigem Gehalt Steigerungen zwischen fünf und 18 Prozent.
Konzernchef Carsten Spohr sagte am Vorabend, dass in Zeiten einer hohen Inflation deutliche Gehaltssteigerungen insbesondere in den unteren Gruppen angemessen und manche Einstiegsgehälter nicht mehr haltbar seien. "Wir haben unsere Mitarbeiter nicht alleingelassen in der Pandemie, und wir werden sie auch nicht alleinlassen in der Inflation."
900 Millionen Euro Kosten
Laut Lufthansa beliefen sich die zusammengefassten Forderungen der VC vor der Änderung auf rund 900 Millionen Euro Mehrkosten in zwei Jahren. Die Personalkosten im Cockpit würden sich so um 40 Prozent erhöhen. Dies sei selbst ohne Rücksicht auf die finanziellen Folgen der Corona-Krise außerhalb des Vertretbaren. Erst im Juli hatte die Gewerkschaft Verdi mit einem Warnstreik des Bodenpersonals den Flugbetrieb der größten deutschen Fluggesellschaft für einen Tag nahezu lahmgelegt. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo will im Herbst für ihre Mitglieder verhandeln.
Die Lufthansa-Aktie gewinnt am Dienstagnachmittag rund 2,5 Prozent auf 6,02 Euro.
Klar, die Einigung ist positiv. Dennoch sind die Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro in den kommenden zwei Jahren kein Pappenstiel. DER AKTIONÄR bei seiner Einschätzung: Die Aktie ist aufgrund der schwierigen (politischen wie wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen und den damit einhergehenden unsicheren Zukunftsaussichten derzeit kein Kauf, zumal auch das Chartbild keine Entwarnung signalisiert.
(Mit Material von dpa-AfX)
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.