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Lufthansa, Ryanair & Co in der Corona-Falle: So erfindungsreich kämpfen die Airlines ums Überleben

Lufthansa, Ryanair & Co in der Corona-Falle: So erfindungsreich kämpfen die Airlines ums Überleben
Foto: Shutterstock
Deutsche Lufthansa -%
Martin Mrowka 01.10.2020 Martin Mrowka

Wer Flugzeugsitze in der Corona-Krise allzu sehr vermisst, der kann jetzt bei Singapore Airlines ein Dinner in einer am Boden gebliebenen Maschine des Typs Airbus A380 buchen. Außerdem lässt die Fluggesellschaft auf Wunsch exklusive Flug-Menus nach Hause liefern. Mehrere US-Airlines schicken Tausende Mitarbeiter in den Zwangsurlaub. Und Lufthansa beendet ihre Pilotenausbildung.

Der riesige Passagierjet kann zwar wegen der Reisebeschränkungen derzeit nicht abheben, aber die wegen der Pandemie in Not geratene Fluggesellschaft Singapore Airlines verspricht dennoch eine "exklusive Dinner-Erfahrung". Interessenten aus dem südostasiatischen Stadtstaat können ab dem 12. Oktober einen Platz im "Restaurant A380 @Changi" reservieren.

SingaporeAir.com

Bereits eine Woche zuvor startet Singapore Airlines einen kulinarischen Lieferdienst. Kunden können dann Menüs, die normalerweise auf Flügen angeboten werden, ins Haus bestellen. "Wir haben einzigartige Aktivitäten erdacht, die es uns erlauben, mit unseren Fans und Kunden in Kontakt zu bleiben", betonte Vorstandschef Goh Choon Phong.

Erst vor wenigen Wochen hatte die Singapore-Airlines-Gruppe (SIA) angekündigt, wegen der Corona-Krise 4.300 Stellen zu streichen. Im Geschäftsjahr 2020/21 werde der Konzern weniger als 50 Prozent seiner ursprünglichen, vor der Pandemie geplanten Kapazität anbieten können, hieß es zur Begründung.

Singapore Airlines (WKN: A0MZ57)

Die US-Fluglinien American Airlines und United Airlines starteten wie geplant mit der Zwangsbeurlaubung von Tausenden Mitarbeitern. Wegen des Einbruchs des Reisegeschäfts infolge der Coronavirus-Pandemie werden bei American 19.000 Mitarbeiter in den Zwangsurlaub geschickt, bei United rund 13.000.

Damit verstärken die beiden US-Fluggesellschaften den Druck auf die Verhandlungen des Weißen Hauses und Vertreter des US-Repräsentantenhauses und -Senats. Dort hatten sich Republikaner und Demokraten bislang nicht auf ein weiteres Milliarden-Hilfspaket im Zuge der Corona-Krise einigen können, in dem auch Hilfen für die Fluggesellschaften verlängert werden könnte. Ein erstes Rettungspaket für die Fluggesellschaften lief Ende September aus.

Die US-Fluggesellschaften mussten sich im Gegenzug für die Staatshilfen in Höhe von 25 Milliarden Dollar verpflichten, bis Ende September keinen Personalabbau vorzunehmen. Nun droht eine Entlassungswelle. Beide Airlines erklärten jedoch, betroffene Mitarbeiter könnten zurückgerufen werden, sollten die Verhandlungen über weitere Hilfen in den nächsten Tagen zu einer Einigung führen.

Die Fluglinie Delta Air Lines spricht derzeit mit Airbus über eine Verschiebung der Auslieferung von mindestens 40 Maschinen. Delta wolle die Lieferung, die noch für dieses Jahr vorgesehen gewesen sei, über das Jahresende hinauszögern. So wolle Delta auf die angespannte Finanzlage in der Corona-Krise reagieren. 

Kleineres Flugangebot

Europas größter Billigflieger Ryanair streicht unterdessen sein Flugangebot wegen der wechselnden Reisebeschränkungen in der Corona-Pandemie noch stärker zusammen. Im Oktober werde Ryanair voraussichtlich nur rund 40 Prozent so viele Sitzplätze anbieten wie ein Jahr zuvor, hieß es vor einer Woche. Zuletzt hatte das Management noch ein Niveau von 50 Prozent angepeilt - und das war bereits weniger als nach dem Neustart des Flugverkehrs im Juli geplant.

Ryanair (WKN: A1401Z)

Unter Tarif

Die in der Corona-Krise teilverstaatlichte Lufthansa will künftig Flüge zu touristischen Zielen auf einer neuen Plattform namens "Ocean" organisieren, bei der nicht die Personalbedingungen des Konzern-Tarifvertrags gelten sollen. Mehrere hundert Stellen sind bereits ausgeschrieben. Starten sollen die Ferienflieger frühestens ab 2021 auf der Lang- und Kurzstrecke von den Drehkreuzen München und Frankfurt, die bislang weitgehend der Stammgesellschaft Lufthansa vorbehalten sind. Gleichzeitig stehen die Beschäftigten der Lufthansa-Teilgesellschaften Germanwings und Sun Express Deutschland sowie Piloten der Stammmarke vor Entlassungen.

Gewerkschaftsvertreter kritisierten, die angebotenen Vergütungsbedingungen lägen noch unterhalb des Niveaus von Ryanair, erklärte Verdi-Sekretär Marvin Reschinsky. "Bewerber werden ausschließlich in Teilzeit angestellt, Flugbegleiter können bei "Ocean" lediglich mit einem Einkommen von etwas über 1.000 Euro netto rechnen. Damit untergrabe die Lufthansa das deutsche Lohnniveau in der gesamten Branche und schaffe ein prekäres Arbeitsumfeld."

Lufthansa-Pilotenschule schließt

Die von der Corona-Krise gebeutelte Fluggesellschaft lässt zudem die Ausbildung neuer Piloten an der Verkehrsfliegerschule in Bremen auslaufen. Die rund 700 Flugschüler wurden dringend aufgefordert, sich einen neuen Berufsweg zu suchen und jetzt die Schule ohne finanzielle Verpflichtungen zu verlassen. Auf Jahre hinaus gebe es bei den Konzern-Airlines keinen Bedarf an Nachwuchspiloten, begründete ein Sprecher des Schulbetreibers Lufthansa Aviation Training den Appell.

Die Flugschüler, die kurz vor der Abschlussprüfung stehen, werde LAT noch selbst ausbilden. Für die übrigen suche man Plätze an anderen Flugschulen, kündigte der Sprecher an. Eine Übernahme könne Lufthansa nicht garantieren, so dass die Schüler nach fünf Jahren noch Vorleistungen des Konzerns zwischen 60.000 und 80.000 Euro zurückzahlen müssten.

Derweil legt die Lufthansa immer mehr Flugzeuge still. Lufthansa-Vorstandschef Carsten Spohr sieht mittelfristig nur noch die Boeing-Jumbos vom neuesten Typ 747-800 als vierstrahligen Übersee-Jet in der Flotte seines Konzerns. Andere Typen mit vier Triebwerken wie das größte Airbus-Modell A380 mit mehr als 500 Sitzen oder die A340 werden aussortiert, obwohl die einzelnen Flugzeuge den durchschnittlichen Einsatzzeitraum von 25 Jahren noch längst nicht erreicht haben.

Deutsche Lufthansa (WKN: 823212)

Flugsicherung senkt Prognosen

Besserung im Luftverkehr ist nicht in Sicht. Die Deutsche Flugsicherung hat ihre Prognosen nun deutlich nach unten korrigiert. Die fortdauernden und erweiterten Reisebeschränkungen führten zu einer geringeren Nachfrage. Zugleich seien bis Jahresende keine Impulse aus dem Interkontinental-Verkehr zu erwarten, eine Erholung des Geschäftsreiseverkehrs sei nach wie vor ebenfalls nicht absehbar.

Zum Jahresende werde der Flugverkehr im deutschen Luftraum wie bereits im August und September nur 45 Prozent des Vorkrisen-Niveaus erreichen statt der im April prognostizierten 75 Prozent. (Mit Material von dpa-AFX)

Auch wenn die Aktien von Fluggesellschaften derzeit nahe ihrer Mehrjahres-Tiefstände notieren, drängt sich ein Engagement nicht auf.

Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren könnten: Lufthansa.

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