Neue brisante E-Mails könnten dem kriselnden US-Flugzeugbauer Boeing mit seinem Unglücksflieger 737 Max weiteren Ärger einbringen. Der Konzern hat gegenüber der Luftfahrtaufsicht FAA und dem US-Kongress eine Reihe weiterer beunruhigender Nachrichten zur 737 Max offengelegt, wie der Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses am Donnerstag bestätigte. Die Unterlagen seien am späten Abend des 23. Dezembers eingereicht worden und deuteten auf ein "sehr verstörendes Bild" bei Boeing hin, sagte eine Sprecherin.
In den Aufzeichnungen hätten einige Boeing-Mitarbeiter Bedenken geäußert, dass der Hersteller die Sicherheit vernachlässige, während andere darauf drängten, dass Produktionspläne eingehalten werden. Was konkret in den Nachrichten steht, blieb zunächst unklar. Der Ausschuss werde diese und andere von Boeing bei der Ermittlung bereitgestellte Unterlagen weiter prüfen, so die Sprecherin.
Boeing teilte auf Nachfrage mit, die E-Mails "pro-aktiv" der FAA und dem US-Kongress "als Teil unserer Verpflichtung zu Transparenz" mit Aufsehern und dem Ermittlungsausschuss vorgelegt zu haben. Wie bereits bei zuvor bei den US-Behörden eingebrachten Dokumenten, reflektierten "Ton und Inhalt" einiger der Nachrichten nicht "das Unternehmen, das wir sind und sein müssen", sagte ein Sprecher. Boeing habe in den vergangenen neun Monaten aber bereits erhebliche Veränderungen vorgenommen, um die Sicherheitsprozesse, die Organisation und die Kultur des Konzerns zu verbessern.
An der Börse geriet die Aktie von Boeing am Donnerstag erneut unter Druck. Bei Lang & Schwarz notiert das Papier am Freitagmorgen 2,6 Prozent im Minus.
Dem "Wall Street Journal" zufolge geht es bei den neuen Dokumenten auch wieder um Nachrichten des früheren technischen Chefpiloten Mark Forkner. Er stand bereits im Oktober im Zentrum einer E-Mail-Affäre, die das Verhältnis zwischen FAA und Boeing stark belastete. Forkner hatte im November 2016, Monate vor der Zulassung der 737 Max, nach einem Test im Flugsimulator starke Sicherheitsbedenken geäußert.
Boeing steht nach zwei Abstürzen seines bis dahin bestverkauften Flugzeugmodells 737 Max erheblich in der Kritik. Der Airbus -Rivale wird verdächtigt, die Unglücksflieger überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Boeing weist dies zwar zurück, hat aber Fehler und Pannen eingeräumt. Bei den Unglücken starben im Oktober 2018 und März 2019 insgesamt 346 Menschen. Die 737 Max ist seitdem mit Startverboten belegt.
Angesichts der hohen Ungewissheit um eine Wiederzulassung hatte Boeing in der vergangenen Woche angekündigt, die Produktion der 737 Max ab Januar 2020 bis auf Weiteres auszusetzen. Bislang fertigte der Hersteller die Maschinen weiter, konnte sie aber nicht an Kunden ausliefern, was zu hohen Kosten und Lagerproblemen führte. Die Produktionspause dürfte das große Netz an Zulieferern stark in Mitleidenschaft ziehen und damit der gesamten US-Wirtschaft schaden.
Des einen Leid, des andern Freud. Während die Aktie von Boeing immer tiefer sinkt, kann die Aktie des europäischen Konkurrenten Airbus wieder Fahrt aufnehmen. Seit dem jüngsten erfolgreichen Test der 200-Tage-Linie geht es bei dem Papier wieder steil nach oben. Die nächste Hürde ist das im November bei 137,42 Euro markierte Allzeithoch.
(Mit Material von dpa-AFX)