Nachdem die TUI-Aktie am Montag einen fulminanten Satz nach oben gemacht hat und bereits der vollmundige Begriff „Befreiungsschlag“ unter den Börsianern die Runde machte, sind die Anleger seit gestern wieder skeptisch. Zu Recht: Trotz erwachender Reiselust der Deutschen und Lockerungen bei den Reisebeschränkungen bleibt die Lage für den Touristikkonzern unverändert schwierig.
Die Tourismus-Branche zählt zu dem Wirtschaftszweig, der am härtesten von der Corona-Krise betroffen ist. TUI hat das in den Büchern gespürt – die jüngst gemeldeten Quartalszahlen waren mehr als trüb. Der Staat muss den Hannoveranern mit einer KfW-Kreditlinie zur Seite stehen. Zudem sind die Umsätze nahe Null (gewesen), so die jüngste Einschätzung von Michael Frenzel, dem Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. In das gleiche Horn bläst nun auch der Deutschen Industrie und Handelstages (DIHK). Laut einer Umfrage geht die Tourismus-Branche davon aus, dass sie noch lange mit den Corona-Folgen wird kämpfen müssen. Fast die Hälfte der Betriebe gehe davon aus, dass „frühestens“ im kommenden Jahr eine Rückkehr zur Normalität möglich sei.
Auf der anderen Seite vermelden TUI und weitere prominente Reiseveranstalter wie Alltours, Schauinsland-Reisen oder auch der Türkei-Spezialist FTI-Reisen, dass die Buchungszahlen für die gerade im Sommer beliebten Mittelmeer-Destinationen anziehen. Und auch Bundesaußenminister Heiko Maas zeigt sich aktuell umtriebig, um gemeinsam mit seinen europäischen Amtskollegen möglichst bis Sommerbeginn viele Grenzen für Touristen zu öffnen. Dennoch: Es bleiben einfach (viele) Unsicherheiten und Fragen: Inwieweit können beispielsweise Hygiene-Konzepte am Flughafen und vor allem in den Hotels effizient und gleichzeitig nicht zu „einengend“ umgesetzt werden, dass Urlaub am Ende noch Spaß macht? Und die wichtigste Frage: Wie geht es mit dem Corona-Virus weiter - ist es schon ausgemachte Sache, dass es keine "zweite Welle" mehr geben wird?
Bedenken sind durchaus berechtigt. In diese Richtung äußerte sich auch jüngst der Vorsitzende des Weltärzte-Verbandes, Frank-Ulrich Montgomery. Montgomery warnt explizit vor „einer zu raschen Öffnung der europäischen Grenzen für den Tourismus“. Aus seiner Sicht wäre es das Beste, wenn die Menschen zu Hause blieben, denn durch den Reiseverkehr würde das Risiko einer zweiten Infektionswelle steigen. Und die werde härter als die erste, weil Menschen nunmehr unvorsichtig seien.
Die TUI-Aktie ist nicht nur eine Wette auf den vor der Tür stehenden Sommer, sondern vor allem auf eine Zukunft, in der das Corona-Virus nur noch eine Randnotiz ist. Solange kein wirksamer Impfstoff vorhanden ist, wird das Menschen hindern, gesteigerte „Urlaubs-Gefühle“ zu entwickeln und mit einem "Mindestmaß an Vorfreude", Reisen zu buchen – und damit TUI im Ergebnis nicht guttun. Aus Sicht des AKTIONÄRs ist die Aktie aufgrund des ungünstigen Chance-Risiko-Verhältnisses nach wie vor kein Kauf.