Die Lage in der Türkei bleibt dramatisch: Der Lira-Kurs schwankt heute enorm, nachdem die türkische Notenbank zur Stützung der Landeswährung Lira am Devisenmarkt interveniert hat. Der Eingriff sei wegen einer „ungesunden Preisbildung“ am Markt erfolgt, teilte die Zentralbank mit. Viel helfen dürfte die Maßnahme nicht.
Die Notenbank machte keine Angaben zum Volumen ihrer Intervention. Die Lira konnte sich zunächst ein Stück weit von jüngsten Kursverlusten erholen. Allerdings hat die Wirkung schnell nachgelassen. Nachdem die Lira zunächst etwa sechs Prozent zum Dollar aufwerten konnte, lag der Kurs am Mittag bei 13,32 Lira für einen Dollar, was im Vergleich zum Vortag einen Aufschlag von etwa einem Prozent entspricht.
Zuvor hatte sich die Talfahrt der türkischen Lira in den vergangenen Tagen rasant beschleunigt. Am Dienstag wurden neue Tiefststände im Handel mit dem Dollar und dem Euro erreicht. Mittlerweile müssen für einen Euro mehr als 15 Lira gezahlt werden.
Erdogan bleibt stur
Für Unmut unter Investoren und damit für weitere Abflüsse aus der Währung sorgte einmal mehr der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Er hatte am Dienstagabend in einem Interview mit dem Staatssender TRT bis zu den für 2023 geplanten Wahlen niedrigere Zinsen versprochen.
Darüber hinaus feuerte Erdogan den Verfall der Lira bei einer Fraktionsrede in Ankara erneut an. Er sprach von „Zins-Boshaftigkeit“. Außerdem warnte er Händler davor, Waren zu hamstern, um sie später zu einem höheren Preis zu verkaufen: „Wir werden – so Gott will – dafür sorgen, dass das Land ein Grab für Hamsterer wird“, sagte er.
Erst jüngst hatte die türkische Zentralbank die Leitzinsen trotz der hohen Inflation von etwa 20 Prozent auf 15 Prozent gesenkt – entgegen der gängigen Praxis, einer hohen Inflation mit einer Anhebung des Leitzinses zu begegnen.
Die türkische Wirtschaft leidet unter dem Verfall der Landeswährung. Importierte Waren werden teurer und treiben die Inflation weiter nach oben. Außerdem scheuen ausländische Unternehmer Investitionen in dem Land, was die Wirtschaft zusätzlich belastet.
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu warf Erdogan heute Führungsunfähigkeit vor. In der vergangenen Woche hatte es unter anderem in Istanbul und Ankara Proteste gegen Erdogans Wirtschaftspolitik gegeben.
Die Beruhigungspille dürfte langfristig kaum wirken. Der Umfang der Stützungsmaßnahmen ist nicht bekannt. Die Türkei wird nicht über genug Reserven verfügen, um sich längere Zeit gegen den Markt stemmen zu können. Außerdem wissen Marktteilnehmer, dass die Notenbank mit ihren Zinssenkungen auf Drängen von Erdogan einen Weg eingeschlagen hat, der unter Experten als falsch gilt. Spekulanten dürften daher jeden Anstieg zum Aufbau neuer Wetten gegen die Lira nutzen.
(mit Material von dpa-AFX)
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