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29.04.2022 von Financial Times

„Schwere Wirtschaftskrise“ in China? Investor aus Hongkong schlägt Alarm

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Von Tabby Kinder und Hudson Lockett
Financial Times
Übersetzung: Stefanie Konrad

Weijian Shan, Gründer und CEO eines der größten asiatischen Private-Equity-Konzerne, kritisiert Chinas Regierung für ihre Politik. Er ist der Meinung, dass Pekings Null-Covid-Strategie zu einer „schweren Wirtschaftskrise“ geführt hat, die mit der globalen Finanzkrise vergleichbar ist.

Shans Private-Equity-Konzern PAG verwaltet mehr als 50 Milliarden Dollar. Sein Fonds habe sich nun von China abgewandt und gehe „extrem vorsichtig“ mit seinem Portfolio in dem Land um, so Shan.

„Wir glauben, dass sich die chinesische Wirtschaft derzeit in der schlechtesten Verfassung seit 30 Jahren befindet“, sagte er in einem Interview, das der Financial Times als Video vorliegt.

„Die Stimmung am Markt gegenüber chinesischen Aktien ist auch auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren. Ich glaube auch, dass die chinesische Bevölkerung so unzufrieden ist wie seit 30 Jahren nicht mehr.“

In dem Video sagte Shan, dass große Teile der chinesischen Wirtschaft, einschließlich des Finanzzentrums Schanghai, durch die „drakonische“ Null-Covid-Strategie „halb gelähmt“ worden sei und dass die Auswirkungen auf die Wirtschaft „tiefgreifend“ sein würden.

„China kommt uns jetzt vor wie die USA und Europa im Jahr 2008“, so Shan weiter. „Langfristig bleiben wir zwar bezüglich Chinas Wachstums- und Marktpotenzial zuversichtlich. Wir sind aber sehr vorsichtig, was die chinesischen Märkte angeht.“

Aus Insiderkreisen heißt es, dass das Video bei Gesprächen mit Brokern im Rahmen einer Roadshow für den Börsengang von PAG in Hongkong aufgenommen wurde. PAG hat im vergangenen Monat einen Börsengang im Wert von zwei Milliarden Dollar beantragt. Das dürfte in diesem Jahr der größte Börsengang in der Stadt sein, und der Konzern dürfte mit bis zu 15 Milliarden Dollar bewertet werden. Die Frage nach dem Grund des Treffens beantwortete Shan nicht.

Shans Stellungnahme ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es für Private-Equity- und Risikokapitalkonzerne immer schwieriger wird, ihre Investitionen in China so zu tätigen, dass sie rentabel sind. Denn viele der schnell wachsenden Unternehmen des Landes dürfen kein Kapital im Ausland aufnehmen, bis Peking umfassende neue Vorschriften zur Datensicherheit und zu ausländischen Börsennotierungen verabschiedet hat. Wegen Chinas Null-Covid-Strategie kam es zu einem fünfwöchigen Lockdown im Finanzzentrum Schanghai und zu einem starken Sell-off chinesischer Aktien.

Namhafte Manager, die in China Handel treiben, kritisieren das Land oder die Regierung eher selten. Letztes Jahr entschuldigte sich JPMorgan-CEO Jamie Dimon zweimal, nachdem er einen Witz darüber gemacht hatte, dass seine Bank die Kommunistische Partei Chinas überleben werde.

Shan ist in Hongkong und auf dem chinesischen Festland einer der profiliertesten Finanzexperten. Im Jahr 2010 gründete er PAG. Zuvor war er Co-Managing Partner der Private-Equity-Gruppe TPG Capital Asia und leitete das China-Team von JPMorgan.

Shan war für mehrere bedeutende Deals in China verantwortlich. Dazu gehört auch die Übernahme der Shenzhen Development Bank im Jahr 2005, einer der ersten Deals eines ausländischen Investors bei einer chinesischen Bank. Damals war er noch für TPG tätig.

Anfang des Jahres wurde er als unabhängiges Mitglied in den Vorstand von Alibaba berufen. Außerdem war er in den Vorständen der staatlichen Bank of China Hong Kong, von Baosteel, einem staatlichen chinesischen Stahlproduzenten, und von Lenovo, Chinas größtem Computerkonzern, tätig.

Im Juli letzten Jahres leitete Peking beispiellose behördliche Maßnahmen ein, nachdem die Ride-Sharing-Plattform Didi Chuxing trotz Warnungen der Aufsichtsbehörden wegen Datenschutzbedenken in New York an die Börse ging.

Das harte Durchgreifen ist Teil der von Präsident Xi Jinping verfolgten Strategie des „gemeinsamen Wohlstands“. Die Anleger sind darüber gespalten. Einige internationale Investoren sind der Meinung, dass durch die Politik des gemeinsamen Wohlstands das Risiko einer staatlichen Einmischung in den Privatsektor höher ist. Sie erklären, man könne in China „nicht investieren“.

Andere argumentieren, dass das Eingreifen der Regierung in China längerfristige strukturelle Trends wie eine wachsende Mittelschicht von Verbrauchern nicht wieder umkehrt.

Auf China fokussierte Private-Equity- und Risikokapitalkonzerne erzielten erst in der ersten Jahreshälfte 2021 dank zahlreicher Börsengänge chinesischer Unternehmen in New York und Hongkong hohe Renditen aus Exits.

Dadurch wurde das Interesse der Investoren gesteigert. Zudem stiegen die in Greater China aufgebrachten Mittel im vergangenen Jahr auf über 72 Milliarden Dollar. Das war der erste Anstieg seit fünf Jahren, wie aus den Daten des Investmentdaten-Unternehmens Preqin hervorgeht. In der zweiten Jahreshälfte nahm die Aktivität jedoch stark ab, und in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 wurden insgesamt nur noch 1,4 Milliarden Dollar aufgebracht.

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