Marktexperten sehen nach den jüngsten US-Arbeitsmarktdaten die Gefahr einer schneller als erwartet kommenden Zinserhöhung in den USA vorerst gebannt. Der deutsche Leitindex ging am Freitag mit einem neuen Rekordhoch ins Wochenende. In der neuen Woche könnten die Aktienkurse noch ein wenig weiter aufwärts klettern. Der Wochenausblick.
Die Sorgen, dass wegen der stark ansteigenden Inflation die Notenbanken zum Gegensteuern gedrängt werden könnten, hatte zuletzt die Märkte in Schach gehalten und die Rekordjagd an den Börsen etwas ausgebremst.
Die Anleger schwanken derweil weiter zwischen Zinsängsten und der Hoffnung auf ein starkes Konjunkturwachstum nach der Pandemie. Weiterhin steht deshalb die Frage im Raum, ob womöglich die Zeit für eine Kurskorrektur gekommen ist. Marktexperten sind für die kommenden Handelstage aber positiv gestimmt.
Der DAX hatte am Freitag-Nachmittag zugelegt und einen neuen Rekord aufgestellt. Mit 15.705 Zählern notierte der deutsche Leitindex so hoch wie noch nie, zum Schlussgong stand der DAX letztlich nur wenig darunter bei 15.692,90 Punkten. Unterm Strich blieb ein Wochenplus von 1,1 Prozent.
Zwar ist der Aktienmarkt mittlerweile etwas überkauft. Aber von einer Überhitzung kann man beim DAX noch nicht reden. Der RSI-Indikator ist noch nicht im roten Bereich angelangt. Ein Rückfall unter die 15.000er-Marke würde jedoch eine Konsolidierungsphase einläuten.
In der neuen Woche richtet sich die Aufmerksamkeit der Börsianer vor allem auf den Auftritt der Europäischen Zentralbank (EZB) - von ihr wird allerdings weiter kein entscheidender Dämpfer der Geldpolitik erwartet, der die Attraktivität von Aktien schmälern könnte.
Vom US-Arbeitsmarkt kamen zuletzt recht widersprüchliche Signale. Nach dem unerwartet starken ADP-Arbeitsmarktbericht aus der Privatwirtschaft zeigten die offiziellen Zahlen am Freitag, dass außerhalb der Landwirschaft weitaus weniger Stellen geschaffen worden waren als von Experten erwartet.
Fed hält noch still
Laut den Experten der Helaba dürfte die Diskussion über eine straffere Geldpolitik damit keinen neuen Schub erhalten: "Noch immer ist die Fed ein gutes Stück von der Zielerreichung entfernt und unmittelbare Straffungen der geldpolitischen Zügel wird es nicht geben", hieß es von der Helaba in einem Kommentar.
Aus Sicht von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel, stellt sich angesichts der steigenden Inflationszahlen aber immer mehr die Frage, "ob es sich tatsächlich nur um ein temporäres Strohfeuer handelt". Die Fed werde daher klarstellen müssen, ob sie "tatsächlich so lange expansiv bleiben wird, bis der Arbeitsmarkt das Vollbeschäftigungsniveau erreicht hat."
US-Verbraucherpreise im Fokus
Angesichts dieser Diskussion dürften in der kommenden Woche vor allem die US-Verbraucherpreise für Mai (Donnerstag) beachtet werden, die nach Einschätzung der Commerzbank erneut überdurchschnittlich stark gestiegen sein dürften. Die Helaba-Fachleute rechnen aber immerhin mit einer "gewissen Beruhigung" im Vergleich zu April.
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Mit Blick auf den EZB-Zinsentscheid ebenfalls am kommenden Donnerstag geht Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Mumm allerdings davon aus, dass die Währungshüter der Eurozone zwar adjustierte wirtschaftliche Prognosen veröffentlichen werden, "aber wohl kaum die derzeitige geldpolitische Ausrichtung infrage stellen" dürften. Die Commerzbank rechnet stattdessen sogar erneut mit der Ankündigung massiver Notfall-Anleihenkäufe für das dritte Quartal.
Analyst Milan Cutkovic vom Handelshaus Axi sieht darin eine Chance für die europäischen Aktienmärkte, ihren Vorteil gegenüber den US-Börsen auszuspielen, denen sie bisher hinterher gehinkt waren. Denn bis die EZB auch eine Straffung ihrer Geldpolitik in Betracht ziehe, dürfte es seiner Meinung nach noch dauern.
DAX noch mit Potenzial bis 15.900 Punkten
Die Marktbeobachter von Index Radar trauen dem DAX daher auch in der neuen Woche weiteres Aufwärtspotenzial zu. Anders als zuvor seien nach neuen Rekorden zuletzt Gewinne im wichtigsten deutschen Leitindex nicht schnell wieder mitgenommen worden, sondern hätten sich zuletzt verstärkt bis Handelsschluss gehalten, argumentiert der Chartexperte Andreas Büchler. "Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, wird ein Anstieg an den oberen Rand des kurzfristigen Schwankungsbandes bei 15.900 Punkten auch vor einer Atempause wieder wahrscheinlicher."
Dabei müssen die Anleger in den nächsten Handelstagen zumindest auf Unternehmensseite mit recht wenig kursbewegenden Terminen auskommen. So stehen abseits einer Fülle von Hauptversammlungen am Mittwoch etwa die endgültigen Jahreszahlen der Heidelberger Druck an. (Mit Material von dpa-AFX)
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