Die zuletzt etwas enttäuschten Hoffnungen auf eine baldige Zinssenkung sorgten auch zum Wochenstart am deutschen Aktienmarkt für Zurückhaltung. Bullen und Bären lieferten sich ein Tauziehen, Gewinner und Verlierer hielten sich in DAX und MDAX in etwa die Waage. Im SDAX macht hingegen die Morphosys-Aktie Furore. Die Übernahme-Gerüchte verstärken sich.
Der DAX hat sich am Montag weiterhin in der Nähe seines Rekordniveaus bei 17.000 Punkten gehalten. Allerdings bewegte sich der deutsche Leitindex zum Wochenstart nur wenig, nachdem er am Freitag knapp über dieser Hürde eine neue Bestmarke erreicht hatte. Nach den jüngsten Zinssignalen von US-Notenbank-Chef Jerome Powell dämpfen derzeit die starken Arbeitsmarktsignale aus den USA die Zinssenkungsfantasien vieler Investoren zusätzlich. Sie sprechen aber auch für konjunkturelle Stärke. Anleger können sich daher nicht für eine eindeutige Interpretation entscheiden.
Letztlich hielt sich der DAX mit einem kleinen Minus von 0,1 Prozent bei 16.904 Punkten aus dem Xetra-Handel. Der MDAX gab etwas mehr um 0,25 Prozent auf 25.588 Zähler nach.
"Auf dem Börsenparkett wird weiter darüber gerätselt, woher die Stärke des US-Arbeitsmarktes kommt, und ob es sich dabei nicht vielleicht um das gleiche Phänomen handelt wie im vergangenen Jahr", erklärte Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets. Im Januar 2023 wurden ebenfalls eine halbe Million neue Stellen geschaffen, die sich jedoch in den Folgemonaten als saisonale Anomalie darstellten. Entsprechend erwartet er, dass das "Tauziehen zwischen Bullen und Bären" um die 17.000er Marke noch eine Weile fortdauern dürfte.
Die Experten von Index-Radar betonen zudem, dass es nach den US-Jobdaten klar sein dürfte, dass die Fed die Zinsen in nächster Zeit nicht senken werde. Sollte der US-Arbeitsmarkt so weiter brummen, werde selbst eine Zinssenkung im Mai unwahrscheinlich. Für Aktien müsse das aber nicht unbedingt negativ sein: "Eine starke Wirtschaft bedeutet auch, dass die Unternehmen derzeit gut verdienen und die Gewinnprognosen mindestens erfüllt werden."
Beiersdorf hebt Dividende an
An der Spitze der Tagessieger im DAX findet sich mit einem Kursplus von fast vier Prozent die Beiersdorf-Aktie. Der Konsumgüter-Konzern erhöht nach jahrelang stabilen Dividenden die Ausschüttung an die Aktionäre kräftig. Für das Geschäftsjahr 2023 werde eine Dividende von 1,00 Euro je Aktie vorgeschlagen, teilte der Konzern mit. Seit 2012 wurden 0,70 Euro gezahlt.
Zudem will Beiersdorf eigene Aktien zurückkaufen. Es sei ein Umfang von bis zu 500 Millionen Euro geplant. Das Aktienrückkauf-Programm solle voraussichtlich im Mai beginnen und bis Jahresende 2024 abgeschlossen werden, hieß es weiter. Von Beiersdorf gehaltene eigene Aktien werden den Angaben zufolge in einem Umfang eingezogen, wie dies zur Durchführung des Programms erforderlich ist.
Infineon-Papiere gewinnen mehr als drei Prozent auf 34,65 Euro. Der Chiphersteller legt am morgigen Dienstag seine Zahlen zum ersten Geschäftsquartal (per Ende Dezember) vor. Der Konzern selbst rechnet mit einem etwas schwächeren Start in das neue Geschäftsjahr. Die Infineon-Aktie profitiert heute vom Aufschwung der Aktien von US-Chip-Herstellern wie Nvidia und SuperMicro.
Der Essenslieferdienst Delivery Hero überraschte im MDAX positiv mit vorläufigen Zahlen, womöglich um am Markt für etwas Beruhigung zu sorgen. Die Aktie legte um 4,5 Prozent zu. Für das neue Geschäftsjahr wurde ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) in Aussicht gestellt, das die Erwartungen von Analysten übertraf. Am Freitag war der Aktienkurs um fast ein Viertel auf ein neues Allzeittief abgesackt. Sorgen, dass ein geplanter Verkauf von Geschäftsaktivitäten in Südostasien scheitern könnte, hatten massiv belastet.
Im SDAX waren am Nachmittag die Anteile von Morphosys nicht zu halten. Sie schossen um gut ein Drittel auf den höchsten Stand seit Juli 2021. Spekulationen über bereits fortgeschrittene Übernahme-Verhandlungen mit dem Schweizer Pharmakonzern Novartis waren der Grund. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte darüber unter Verweis auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtet. Weder Novartis noch der Wirkstoffforscher wollten sich gegenüber der Agentur dazu äußern.
Cannabis-Aktien mit Kurssprung
Deutliche Kurssprünge gab es zudem unter den gering kapitalisierten Aktien von Synbiotic und Cantourage Group aus dem Cannabis-Bereich. Die bevorstehende Legalisierung in Deutschland, die die Papiere bereits am Freitag angeschoben hatte, trieb diese weiter an. Für beide ging es um jeweils etwas mehr als 30 Prozent nach oben. Marktexperte Andreas Lipkow sprach von "Momentum getriebenen Kursreaktionen mit einer extremen Korrekturgefahr."
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(Mit Material von dpa-AFX)