War die Gewitter-Front, die Samstag-Nacht sogar das Deutschland-Spiel unterbrach, ein Symbol für herannahendes Unheil auch an den Börsen? Der Start ins zweite Halbjahr könnte jedenfalls von politischen Unsicherheiten in Frankreich überschattet werden. Wegen der wohl mit einem Rechtsruck verbundenen Parlamentswahl gerät das Land am Kapitalmarkt verstärkt in den Fokus. – Der Wochenausblick.
Am Freitag hat der DAX eine durchwachsene Woche mit leichten Gewinnen beendet. Zum Handelsschluss notierte der deutsche Leitindex noch 0,1 Prozent über Donnerstag bei nun 18.235 Punkten, nachdem er einmal mehr an der Widerstandszone bei 18.350 Punkten gescheitert war.
Auf Wochensicht verzeichnete der DAX einen Gewinn von 0,4 Prozent, wogegen die Bilanz für den Juni negativ ausfiel. Seit Jahresbeginn steht zwar ein Kursanstieg von knapp neun Prozent zu Buche. Dieser verdankt sich allerdings dem starken Auftaktquartal – diesem folgte im zweiten Quartal trotz zeitweiliger Rekorde ein Rückgang um 1,4 Prozent. Zuletzt bewegte sich der DAX zwischen seinen 50- und 100-Tage-Linien tendenziell seitwärts.
Wie es weitergehen könnte, ist laut Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets ungewiss. Üblicherweise drohe nun ein Sommerloch, doch in US-Wahljahren seien Kursrallys auch in dieser Jahreszeit durchaus üblich, betonte der Experte.
Wachsendes Misstrauen
Kurzfristig blicken auch Deutschlands Anleger nach Frankreich. Das Sprichwort, dass politische Börsen kurze Beine haben, könnte sich dieses Mal als unzutreffend erweisen. Denn die deutliche Veränderung der politischen Landschaft, auf die Umfragen hindeuten, hat weit über Frankreich hinausreichende Bedeutung.
"Die rechtsextreme und populistische Partei Rassemblement National (RN) unter Marine Le Pen führt in den Umfragen deutlich, während sich gleichzeitig eine starke linke Allianz formiert hat", beschreibt Metzler-Chefvolkswirt Edgar Walk die Lage. "Beide Lager wollen Reformen zurückdrehen und mehr soziale Wohltaten verteilen, was das aktuelle Defizit von etwa 5,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf besorgniserregende 9,0 Prozent erhöhen könnte."
Das würde nicht ohne Echo an den Finanzmärkten bleiben. Die Schwäche der französischen Börse und die jüngste Entwicklung am Anleihemarkt haben bereits einen Vorgeschmack geliefert. "Der Spread zwischen französischen und deutschen Staatsanleihen hat sich ausgeweitet, was das wachsende Misstrauen der Investoren widerspiegelt", so Walk. "Diese sind – mit mehr als 50 Prozent gehaltener französischer Staatsanleihen – überwiegend ausländische Gläubiger, die bei schlechter Nachrichtenlage die Anleihen schneller abstoßen als inländische Gläubiger." Marktverwerfungen wären daher möglich.
Walk setzt zwar darauf, dass Ausgaben-Exzesse durch das Veto-Recht des französischen Präsidenten verhindert werden. Allzu viel gewonnen ist damit jedoch nicht. "Eine befürchtete Ausweitung des Defizits dürfte somit von den Wahlsiegern nicht umgesetzt werden können – aber ebenso wenig wäre es möglich, notwendige Sparmaßnahmen umzusetzen", warnt der Volkswirt.
US-Markt überkauft?
Doch nicht nur die Wahlen im Nachbarland sind für Turbulenzen gut. Auch die US-Präsidentschaftswahlen werfen ihre Schatten voraus. Das gilt um so mehr, als nach dem jüngsten TV-Duell die Frage nicht mehr nur 'Biden oder Trump' lautet. Denn nach dem Auftritt des amtierenden US-Präsidenten, der Fragen nach seinem gesundheitlichen Zustand kräftig angeheizt hat, halten Experten einen kurzfristigen Kandidatenwechsel bei den Demokraten für nicht mehr ausgeschlossen. Hiermit aber würde in den US-Wahlkampf zusätzliche Unsicherheit geraten und damit etwas, was den Börsen normalerweise nicht gut bekommt.
Anleger könnten die Unwägbarkeiten zum Anlass nehmen, bei den heiß gelaufenen US-Technologiewerten Kasse weiter zu machen. Kapitalmarkt-Stratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets wertet die Entwicklung beim US-Halbleiter-Hersteller Micron als Warnsignal. "Weiter dynamisch steigende Umsätze und Gewinne und laut Unternehmen ausverkaufte Speicherchips reichten den Investoren nicht, sie verkauften die Aktie", so Molnar. "Wenn gute Nachrichten an der Börse nicht mehr ankommen, ist der Markt überkauft."
Damit stehen die Vorzeichen für den DAX alles andere als gut. "Nach neun Prozent Plus im ersten Halbjahr und einer bislang nur leichten Korrektur könnte es für den Markt schwer werden, sich dem Sommerloch zu entziehen", prognostizierte Molnar. "Erst recht, wenn auch an der Wall Street die Zeichen zur Abwechslung mal auf Verkauf stehen."
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Ifo-Index als schlechtes Omen
Hinzu kommen Warnsignale der heimischen Wirtschaft. Die Volkswirte der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) werten den jüngsten Ifo-Geschäftsklimaindex keineswegs als einmaligen Ausrutscher, sondern als schlechtes Omen. "Schon im Mai war das Geschäftsklima marginal abgerutscht. Hinzu kommt, dass die Lagekomponente auf der Stelle tritt, und sich die Erwartungen erneut eingetrübt haben", heißt es in einer aktuellen Einschätzung. Das dürfte sich auch in den kommenden Monaten bemerkbar machen. "Vermutlich ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal nahe der Stagnation und auch für das dritte Quartal fehlt ebenfalls die Fantasie für bessere Zeiten", so die LBBW.
Im Chartbild hat all das Spuren hinterlassen. "Mit seinem doppelten Verkaufssignal ist der DAX jetzt erst ganz neu in eine Konsolidierungsphase und Konsolidierungsrange eingetreten", stellte der technische Analyst Marcel Mussler fest. Anleger sollten sich daher bestenfalls auf ein richtungslosen Schwanken einstellen, wobei Mussler eine Handelsspanne zwischen 17.626 und 18.567 Punkten nennt. Entscheidend für die weitere Entwicklung seien dann Ausbrüche über oder unter eine dieser Marken, wobei der technische Analyst einen Anstieg nach oben für recht unwahrscheinlich hält.
US-Arbeitsmarktbericht im Fokus
Wichtig für den Markt werden in der neuen Woche vor allem Konjunkturdaten sein. Auf die vorläufigen deutschen Inflationszahlen für Juni am Montag folgen tags darauf die für die Eurozone. "Die Inflationsdaten dürften in Deutschland trotz der Fußball-Europameisterschaft leicht gesunken sein", sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck. Für einige wenige Teilkategorien, wie etwa bei Dienstleistungen wie Pauschalreisen, dürfte das jedoch nicht gelten. "Grundsätzlich bleibt der Inflationstrend in Deutschland aber wie im Euroraum insgesamt abwärtsgerichtet, was der EZB im weiteren Jahresverlauf weitereren Leitzinssenkungs-Spielraum geben sollte."
Auch aus den USA gibt es einige wichtige Impulsgeber. So stehen die ISM-Einkaufsmanager-Indizes für Juni und das Protokoll der jüngsten Notenbank-Sitzung auf dem Programm. Sie dürften auf Hinweise für die künftige US-Geldpolitik abgeklopft werden, ebenso wie der wichtigste Hinweisgeber am Ende der Woche, der Arbeitsmarktbericht für Juni. Sollte er die erhoffte Abkühlung bringen, könnten Zinssenkungshoffnungen neu angefacht werden – und damit die eher trüben Aussichten für die Börsen wieder aufhellen. Und überhaupt: Langfristig geht es immer aufwärts. (Mit Material von dpa-AFX)
Die folgende Liste enthält eine Auswahl von Artikeln, die in der vergangenen Woche besonders im Fokus der Leser auf www.deraktionaer.de standen: