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05.02.2016 Jochen Kauper

Börsenexperte Marco Herrmann: „Der Fehlstart an den Börsen hat viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt“

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Nahezu täglich markiert der deutsche Leitindex ein neues Tief. China, der Ölpreis, neue Rezessionsängste, was ist für die Talfahrt der Börsen verantwortlich und wann könnte es zu einer Trendwende kommen? DER AKTIONÄR sprach mit Marco Herrmann, Geschäftsführer der Fiduka Depotverwaltung in München.  

DER AKTIONÄR: Herr Herrmann, wie schätzen Sie den Aktienmarkt derzeit ein? Was überwiegt: Chancen oder Risiken?

Marco Herrmann: Der missglückte Fehlstart an den Börsen hat viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt. Kein Wunder, dass sich die Investorenstimmung auf einem sehr niedrigen Niveau befindet. Schlechte Stimmung alleine reicht aber nicht für eine Trendwende. Die Positionierung muss auch stimmen und hier liegt derzeit noch das Problem. Rallyes dürften in den nächsten Wochen immer wieder zum Abbau der Aktienquoten genutzt werden - ein neuer Aufwärtstrend kann sich so kurzfristig nicht etablieren. Von den Fundamentaldaten erhält der Markt zurzeit leider auch keine richtige Unterstützung. Die laufende Berichtssaison der Unternehmen wird zu weiteren Senkungen der Gewinnschätzungen für 2016 führen. Kaum ein Vorstand wird sich dazu hinreißen lassen in diesem Umfeld (China, Rohstoffpreise, politische Unsicherheit insbesondere in Europa) einen über Erwartungen liegenden Ausblick zu geben. Siemens wird hier eine der wenigen Ausnahmen bleiben.  Es dürfte bis zur Jahresmitte volatil bleiben in einer Dax-Range von 8.500-10.500. innerhalb dieser breiten Range gibt es Tradinigmöglichkeiten.   

Was könnte dem Markt richtig gefährlich werden? Risiken gibt es immer viele, nicht alle werden aber tatsächlich Realität.

Viele sprechen vom Ölpreisschock. Ist der niedrige Preis nicht insgesamt ein Segen für die Weltwirtschaft?

Ein Ölpreis von unter 40/50 US-Dollar bringt eine Reihe von Staaten und Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten und ist letztendlich existenzbedrohend. Wir sehen jetzt schon massive Investitionskürzungen, Abbau von Arbeitsplätzen und in weiteren Konsequenz ein abschwächender Konsum in den Ölregionen. Ein etwas höherer Ölpreis wäre für alle Beteiligten sicherlich das beste gewesen. Nun wird es zu einem schmerzhaften Anpassungsprozess im Ölsektor kommen, der über die nächsten 12 Monate den Ölpreis über 40 USD stabilisieren dürfte.  

Wie schätzen Sie die USA ein: Ist die amerikanische Wirtschaft stark genug für eine nachhaltige Zinswende?

Die US Wirtschaft ist im Großen und Ganzen robust. Der derzeit leidende Industriesektor erwirtschaftet weniger als 15% des BIP. Wir glauben dennoch nicht an die avisierten 3-4 Zinserhöhungen in diesem Jahr. Dies würde das globale Währungssystem nur noch weiter unter Druck setzen. 

Die Statistik spricht für ein schwaches Jahr für den DAX. Wo sehen Sie den Index am Jahresende?

Nach einem schwachen ersten Halbjahr erwarten den Dax am Jahresende höher als heute. Ursprünglich sind wir von 5-8 Prozent Kursplus ausgegangen, also bis acht 11.500. So viel wird es am Ende wahrscheinlich aber doch nicht mehr. 11.000 dürften aber drin sein.

Welche Aktien/Branchen sind jetzt ein klarer Kauf und von welchen Aktien/Branchen sollten die Anleger die Finger lassen?

Finger weg von Unternehmen mit hoher Verschuldung insbesondere aus den Energie- und Rohstoffsektoren. Hier drohen massive Kapitalerhöhungen und/oder Asset Sales zu schlechten Preisen, die bestehende Aktionäre verwässern. Uns gefallen Pharmawerte (Roche, Fresenius) weiter gut. Auch einige Versorger mit überdurchschnittlicher Dividende und ungefährdeten Geschäftsmodell (Snam, Red Electrica). Ölwerte mit starken Bilanzen werden allmählich interessant, ist wahrscheinlich ein Thema für das 2. Quartal.

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