Im Bilanzskandal bei Wirecard steht auch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY in der Kritik. Diese hatte seit 2009 die Bücher des Zahlungsabwicklers geprüft – und dabei offenbar keine Hinweise auf Luftbuchungen in Milliardenhöhe gefunden. Wie das sein kann, interessiert inzwischen auch das Bundeswirtschaftsministerium.
Wie das Ministerium am Montag bestätigte, läuft bei der unabhängigen Abschlussprüferaufsichtsstelle (Apas) ein Prüfverfahren im Zusammenhang mit der Abschlussprüfung bei Wirecard. Die Apas prüft die Einhaltung berufsrechtlicher Pflichten von Abschlussprüfern bei Unternehmen von öffentlichem Interesse – dazu gehöre auch die Wirecard AG, so das Ministerium.
Verfahren läuft seit Oktober – und dauert an
Im konkreten Fall sei bereits im Oktober 2019 ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet worden. Im Mai 2020, nachdem der Bericht zur Sonderprüfung durch KPMG erschienen war, wurde es in förmliche Berufsaufsichtsverfahren überführt. Diese dauerten an.
Das Handelsblatt berichtete zuerst über das Verfahren und berief sich auf einen vertraulichen Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums zum Fall Wirecard. Demnach untersucht die Apas sämtliche Jahres- und Konzernabschlussprüfungen ab dem Jahr 2015 durch EY bei Wirecard „auf die Einhaltung der gesetzlichen und berufsrechtlichen Vorgaben“.
Der inzwischen insolvente Zahlungsdienstleister hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt. Der Schaden könnte jedoch noch deutlich höher sein. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht mittlerweile von einem „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ bei dem DAX -Unternehmen aus.
EY steht in der Kritik, weil das Unternehmen die Jahresbilanzen bei Wirecard seit 2009 geprüft und testiert hatte. Die Gesellschaft selbst hatte zwischenzeitlich erklärt, dass es deutliche Hinweise auf „umfassenden Betrug“ gebe, an dem mehrere Parteien rund um die Welt mit gezielter Täuschungsabsicht beteiligt gewesen seien.
Mehrere Anwaltskanzleien haben die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bereits mit Schadenersatzklagen und Musterverfahren ins Visier genommen. DER AKTIONÄR hat in diesem Zusammenhang mit Dr. Wolfang Schirp von der Kanzlei Schirp & Partner sowie mit Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz gesprochen. Die Interviews und weitere Informationen zu Anlegerklagen in der Causa Wirecard finden Sie im kostenlosen AKTIONÄR-Ratgeber – hier abrufbar.
Mit Material von dpa-AFX.