Der Anti-Geldwäsche-Einheit des Zolls liegen laut einem Medienbericht Dutzende Verdachtsmeldungen gegen Mitglieder der Wirecard-Führungsriege vor. Auch in diesen Fällen soll es beim Austausch mit den Strafverfolgungsbehörden teils zu massiven Verzögerungen gekommen sein.
Seit Februar 2019 gingen bei der Financial Intelligence Unit (FIU) 36 Geldwäscheanzeigen gegen Vorstände und Aufsichtsräte des Konzerns ein – der Großteil davon erst nachdem Wirecard im Juni Luftbuchungen in Milliardenhöhe eingeräumt hatte. Das geht aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Danyal Bayaz hervor, aus der das Handelsblatt am Donnerstag zitiert.
Bisher war lediglich bekannt, dass die FIU 97 Verdachtsmeldungen identifiziert hat, die in einem möglichen Zusammenhang mit Vorwürfen gegen den Konzern stehen könnten. Dass sich diese auch konkret gegen Spitzenvertreter des Unternehmens richten, gehe erst aus dem aktuellen Dokument hervor.
Teils monatelange Verzögerungen
Laut dem Bericht erhält die Zoll-Spezialeinheit die Hinweise unter anderem von Banken und Notaren, sichtet und prüft diese und gibt sie dann an die Strafverfolgungsbehörden weiter. Die FIU steht aber bereits in der Kritik, weil die Weitergabe der Anzeigen mitunter sehr lange dauert – auch im Falle der Verdachtsmeldungen gegen Wirecard-Manager. Teilweise wurden die Anzeigen demnach erst nach mehr als einem Monat an die Ermittler weitergeleitet. 16 Anzeigen waren Anfang August noch in Bearbeitung.
Nach Bekanntwerden des Wirecard-Skandals werden Verdachtsmeldungen an die FIU aus den Jahren 2017 bis 2020 noch einmal durchleuchtet. Der zu prüfende Katalog sei dabei laut Handelsblatt auf „Straftaten wie Bilanzfälschung, Betrug, Untreue, Marktmanipulation sowie Insiderhandel“ erweitert worden.
Freitag ist letzter Tag im DAX
Während die politische und juristische Aufklärung des Skandals vermutlich noch Jahre dauern wird, schließt sich bei der Wirecard-Aktie bereits am morgigen Freitag das erste Kapitel: Gemäß der neuen Index-Regeln werden die Papiere des insolventen Zahlungsabwicklers nach Börsenschluss aus den Auswahlindizes DAX und TecDAX ausgeschlossen. Bis zum endgültigen Delisting im Zuge der Insolvenz sind sie zwar noch im Prime Standard der Frankfurter Börse handelbar, längerfristig orientierte Anleger lassen aber weiterhin die Finger davon.