Seit Monaten kursieren Spekulationen, ob Richemont endlich einen Käufer für seine verlustbringende E-Commerce-Plattform YNAP gefunden hat. Jetzt ist es offiziell: Mytheresa übernimmt. Mit diesem Deal könnte der Münchner Luxus-Onlinehändler zu einem der führenden Player im Luxus-E-Commerce aufsteigen. Für Richemont ist es ein Befreiungsschlag.
Wie The Fashion Law berichtet, wird Richemont zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro in eine Kapitalerhöhung für YNAP investieren, um die Verluste der Plattform auszugleichen. Die Übernahme soll im Frühjahr 2025 über die Bühne gehen. Der Verkauf beinhaltet Barmittel von YNAP in Höhe von 555 Millionen Euro. Zusätzlich wird Richemont Mytheresa eine revolvierende Kreditlinie von 100 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Richemont erwartet eine Abschreibung von etwa 1,3 Milliarden Euro und wird im Gegenzug künftig ein Drittel der Anteile an Mytheresa halten.
Sorgenkind YNAP
Richemont wollte sein Sorgenkind YNAP, zum dem E-Tailer Yoox, The Outnet, Net-a-Porter und Mr Porter gehören, schon länger verkaufen. Ursprünglich war der Deal im Jahr 2018 als Meilenstein gedacht, um das Unternehmen und die Luxusbranche zu transformieren. Damals wurde YNAP mit 5,3 Milliarden Euro bewertet und konnte beträchtliche Umsatzzuwächse sowie eine feste Gewinnspanne vorweisen. Seitdem ging es bergab: Die Plattform kämpft mit sinkenden Umsätzen und schwindenden Gewinnmargen.
Was war passiert? Ein Hauptgrund war die mangelnde Kompatibilität zwischen Richemont und YNAP. Während Richemont Luxusmarken wie Cartier und Van Cleef & Arpels besitzt, fehlte es dem Konzern an technischem Know-how, um YNAP effektiv zu betreiben, das im Kern ein Technologieunternehmen ist. Zudem priorisierte Richemont das Wachstum seiner Marken und investierte nur begrenzt in YNAP.
Des Weiteren hatte Richemont jahrelang versucht, eine Partnerschaft mit Farfetch zu etablieren. Doch im Dezember 2023 platzte der geplante Teilverkauf, da Farfetch an den südkoreanischen E-Commerce-Giganten Coupang verkauft wurde. Die Suche nach einem passenden Käufer ging weiter. Nachdem Finanzinvestoren wie Bain Capital und Permira ihre Angebot zurückzogen, blieb Mytheresa als einziger Bieter noch im Rennen.
Was gewinnt Mytheresa?
Nach dem Niedergang von Farfetch konnte sich Mytheresa als einer der wenigen Akteure im E-Commmerce noch recht wacker halten. Im Geschäftsjahr 2023/2024 verzeichnete die Firma ein Umsatzwachstum von zehn Prozent, Wachstumstreiber war die USA mit einem Umsatzplus von 25 Prozent. Allerdings fiel bereinigte EBITDA-Marge von 5,0 auf auf 3,1 Prozent.
„Durch diese Transaktion strebt Mytheresa an, eine führende globale, digitale Multimarken-Luxusgruppe zu bilden“, erklärte Michael Kliger, der CEO von Mytheresa. Die drei Plattformen Mytheresa, Net-a-Porter und Mr. Porter sollen weiterhin eigenständige Luxusmarkenangebote bereitstellen. „Wenn der Deal wie geplant klappt, wird Mytheresa der größte Spieler in diesem Bereich sein“, so Cereda. „Und wenn nicht, wird Richemont wahrscheinlich die Verluste tragen müssen.“
An der Börse kommt die Nachricht gut an. Die Mytheresa-Aktie reagiert mit einem Kurssprung, ist aufgrund des immer noch eingetrübten Chartsbilds aber weiterhin nur ein Kandidat für die Watchlist.
Richemont wahrt mit dem Deal sein Gesicht. Der Konzern hat sich mit YNAP keinen Gefallen getan und kann mit dem Verkauf die Schließung des gesamten YNAP-Geschäfts und damit zahlreiche Entlassungen vermeiden. Die Aktie bleibt eine Halteposition und ist zudem Mitglied im DER AKTIONÄR Schweiz Index. Mehr Informationen zum Index gibt es hier.
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