Die Wirtschaftswoche erklärt, ab diesem Wochenende zeigt der Internet-Fernsehsender Netflix die vierte Staffel der selbst produzierten Fernsehserie „House of Cards“. Der Bezahlfernsehsender Sky hat sie allerdings bereits vor einem halben Jahr ausgestrahlt. Netflix musste die Senderechte außerhalb der USA schließlich verkaufen, um Geld für die teure Produktion zu erhalten.
Vorstandsvorsitzender Reed Hastings hat im Jahr 2011 das Geschäftsmodell umgestellt. Seither versendet Netflix keine DVDs mehr sondern ist eine sogenannte Streaming-Plattform für Filme. Netflix brachte neue Technologien und neue Formate frei von Werbung. Hastings nutzte das Internet wie keiner vor ihm, um detaillierte Kenntnisse über die Vorlieben der Zuschauer zu erhalten. Doch mittlerweile bekommt Netflix immer mehr Konkurrenz: von lokalen Angreifern mit mehr Service wie Pickbox in Osteuropa über Spezialisten wie dem Sportstreamer Dazn bis hin zu globalen Konzernen wie vor allem Amazon, denn Amazon kann mit anderen Geschäftsfeldern die Fernseh-Sparte subventionieren. Hastings hat nur die Abonnenten, die er zu teureren Hochstufungen verführen muss. Richard Broughton, Marktforschungsinstitut Ampere, beschreibt dagegen den Sachverhalt bei Amazon so: Das Unternehmen könne pro neuem Vorzugskunden, der als Prime-Mitglied für 49 Euro Jahrespauschale bessere Lieferkonditionen und Zugang zu Musik- und Videostreaming erhält, Medieninhalte im Wert von 130 Dollar pro Kopf einkaufen, ohne Verlust zu machen.
Für Netflix besteht die Gefahr von cleveren Nachzüglern in der rasend schnellen Technologiebranche weggefegt zu werden. Um dagegen anzukämpfen verkündete Hastings im Januar den größten Schwenk in der Strategie. Bis dahin erschloss Netflix jährlich nur zwei, drei neue Märkte. In diesem Jahr möchte Netflix in 130 neue Länder vordringen und bis zu fünf Milliarden Dollar in neue Fernseh-Produktionen stecken. Doch das Wachstum und die Gewinnspannen sanken von gut zehn Prozent pro Jahr auf jetzt mehr als zwei Prozent. Der Cashflow ist seit fast drei Jahren negativ. Deshalb sinkt der Aktienkurs seit dem vergangenen Jahr. Netflix muss mit der teuren Expansion also schnell Erfolg haben. Allerdings schafften es die Referenten aus dem Spitzenmanagement noch nicht einmal auf die Internationale Funkausstellung in Berlin, die an diesem Wochenende in Berlin beginnt. Netflix sagt kurz vorher wegen Terminproblemen ab.
Immer drängender stellt sich die Frage, wer das Wettrüsten, das Netflix einst selbst entfachte, gewinnt – und ob Netflix unabhängig bleiben kann. Shane Smith, Chef des mittlerweile milliardenschweren jungen Medienportals Vice, sagte jüngst: „Apple-Chef Tim Cook will Netflix kaufen.“