Im Bilanzskandal bei Wirecard ist schnell auch der langjährige Wirtschaftsprüfer EY in die Kritik geraten. In einem Brief an die Kunden äußert EY-Chef Carmine Di Sibio nun sein Bedauern – und gelobt für die Zukunft Besserung.
Der Wirtschaftsprüfer EY bedauert, den Wirecard -Skandal nicht früher aufgedeckt zu haben. "Viele Menschen glauben, der Betrug bei Wirecard hätte früher entdeckt werden müssen, und wir verstehen das völlig", schreibt der EY-Chef in einem Brief an die Kunden. „Obwohl wir den Betrug erfolgreich aufgedeckt haben, bedauern wir, dass er nicht früher aufgedeckt wurde.“
Allerdings betont Di Sibio auch, dass der Betrug durch ein „hochkomplexes kriminelles Netzwerk“ geschehen sei, entworfen, um alle zu täuschen – Investoren, Banken, Aufsichtsbehörden, Anwälte, Experten und Prüfgesellschaften. In einer Mitteilung vom Dienstag weist EY zudem Anschuldigungen, die bis zum Vorwurf der Mitwirkung am Betrug reichten, „entschieden zurück“.
Ziel: Betrug früher aufdecken
Es sei im öffentlichen Interesse, dass mehr dafür getan werde, Betrug in seinen frühesten Stufen zu entdecken, schreibt Di Sibio. EY kündigte zudem an, seine Prozesse zum Aufdecken von Betrug zu verbessern. Unter anderem soll dazu Datenanalyse eingesetzt werden, die Prüfer wollen externe Quellen wie Soziale Medien heranziehen und Materialien elektronisch bestätigen lassen.
Zudem soll es erweiterte Fortbildungen für alle Prüfungsexperten geben. Der Fall Wirecard zeige, „dass die Prüfungshandlungen und Verfahren zur Bekämpfung von Betrügereien kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen.“
Für EY steht viel auf dem Spiel
EY steht im der Causa Wirecard unter großem Druck. Fast zehn Jahres lang hat das Unternehmen die Bücher des Zahlungsabwicklers geprüft und testiert – ohne dabei milliardenschwere Luftbuchungen zu entdecken. Geschädigte Anleger drohen dem Wirtschaftsprüfer bereits mit Schadenersatzklagen, zudem hat mit DWS bereits der erste Kunde ein sicher geglaubte Prüfmandat zurückgezogen. Auch bei der Commerzbank gibt es entsprechende Überlegungen (DER AKTIONÄR berichtete).
Auf die Wirecard-Aktie hat all das kaum noch Auswirkungen. Sie ist inzwischen auf Pennystock-Niveau angekommen und zum Spielball der Zocker geworden. Längerfristig orientierte Anleger bleiben hier besser an der Seitenlinie.
Mit Material von dpa-AFX.