Im Bilanzskandal bei Wirecard kommen täglich neue Details ans Licht. Laut einem Medienbericht sind Ex-Vorstandschef Markus Braun und der Aufsichtsrat zu Jahresbeginn heftig aneinandergeraten. Grund sei ein Kredit der Wirecard Bank für den damaligen Chef gewesen.
Wie die Financial Times (FT) berichtet, hat sich der frühere Wirecard-Chef im Januar 35 Millionen Euro von der Wirecard Bank geliehen. Das Problem dabei: Braun habe den Vorgang nicht mit dem Aufsichtsrat abgesprochen. Chefaufseher Thomas Eichelmann und die anderen Mitglieder des Gremiums hätten erst nach der Auszahlung davon erfahren und seien „außer sich“ gewesen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen Insider.
In der Folge sei es zu einem Schreiduell zwischen Braun und Eichelmann gekommen. Dabei habe Braun zunächst die Auffassung vertreten, der Aufsichtsrat des Mutterkonzerns habe ohnehin keine formale Kontrolle über die Kredit-Vergabe der Bank-Tochter.
Der Darstellung, Braun habe die Autorität des Aufsichtsrats in dieser Beziehung in Frage gestellt, widerspricht dessen Anwalt gegenüber der FT. Zudem sei der Kredit „wie vereinbart“ Mitte März getilgt worden. Bei einem Zinssatz von 12,55 Prozent habe Braun für die zweieinhalbmonatige Laufzeit des Darlehens rund 964.000 Euro Zinsen bezahlt.
Die BaFin prüft…
Auch die Bankenaufsicht BaFin wurde offenbar nicht über die Kreditvergabe informiert. Erst der Sonderbeauftragte der Behörde, der seit Bekanntwerden des Bilanzskandals Ende Juni das Sagen bei der Wirecard Bank hat, wurde darauf aufmerksam. Nun werde geprüft, ob bei dem Vorgang gegen Regeln verstoßen wurde.
Unabhängig davon ist die kleine Wirecard Bank dabei offenbar ein großes Risiko eingegangen: Im Falle eines Kreditausfalls und einer Abschreibung hätte der fragliche Betrag rund einem Fünftel des harten Kernkapitals des Instituts entsprochen, berichtet die FT. Zudem sei das Darlehen laut Insidern unbesichert gewesen. Auch zählt die Kreditvergabe an Einzelpersonen oder Unternehmen eigentlich nicht zum Kerngeschäft der Bank.
Der damalige Chef brauchte das Geld offenbar zur Refinanzierung eines früheren Kredits bei der Deutschen Bank im Volumen von 150 Millionen Euro. So sollte der Verkauf von Wirecard-Aktien verhindert werden, die als Sicherheit für den auslaufenden Kredit hinterlegt wurden, bestätigt der Anwalt.
Der Vorgang zeigt, dass Wirecard auch nach Platzen der Bilanzbombe noch voller Überraschungen steckt – und die Aufklärung des Skandals steht in jeder Hinsicht noch am Anfang. Langfristig orientierte Anleger lassen die Finger von der Aktie.
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