Negative Berichte der Financial Times (FT) haben die Aktie von Wirecard in den vergangenen Wochen um bis zu 50 Prozent einbrechen lassen. Nun, da sich das Unternehmen durch den Prüfbericht der Kanzlei Rajah & Tann weitgehend entlastet sieht, holt Wirecard zum Gegenschlag aus – und klagt gegen die renommierte Zeitung.
Ziel der Klage sei die Unterlassung der Berichterstattung sowie eine Entschädigung der Aktionäre, wie der Zahlungsdienstleister der Nachrichtenagentur dpa-AFX am Donnerstag auf Nachfrage mitteilte. Sie richte sich sowohl gegen die Zeitung selbst als auch gegen den Reporter, der die Artikel hauptsächlich verfasst hat.
Berichte der Zeitung mit Betrugs- und Manipulationsvorwürfen gegen Wirecard-Manager in Singapur hatten in den vergangenen Wochen mehrfach starke Kursverluste der Wirecard-Aktie zur Folge gehabt. Vom Landgericht München gab es laut dpa zunächst keine Bestätigung für den Eingang der Klage. Die Financial Times wollte sich auf Anfrage zunächst ebenfalls nicht äußern.
Bereits im Februar hatte eine Unternehmenssprecherin juristische Schritte gegen die FT angekündigt, damals stand jedoch die Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern im Fokus. Zudem hatte das Unternehmen Anzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Kursmanipulation gestellt. Ein Anleger hatte ebenfalls im Februar Anzeige gegen FT-Autor Dan McCrum und gegen Unbekannt erstattet. Ein Exklusiv-Interview des AKTIONÄR Börsen.Briefing. mit dessen Anwalt, Ehssan Khazaeli von der Kanzlei Werdermann von Rüden, lesen Sie hier.
Entlastung mit Beigeschmack
Am Dienstag veröffentlichte Wirecard eine eigene Zusammenfassung des Berichts der Anwaltskanzlei Rajah & Tann, die im Auftrag des Unternehmens etwaige Compliance-Verstöße bei der Niederlassung in Singapur untersucht hatte. Demnach hätte es zwar Verstöße von Wirecard-Mitarbeitern gegen Buchungsvorschriften gegen, nicht aber Scheinumsätze mit verschobenen Geldern oder Korruption. Die Hinweise auf Gesetzesverstöße in der deutschen Konzernzentrale hätten sich ebenfalls nicht bestätigt.
Wirecard sieht sich dadurch weitgehend entlastet, will den Originalbericht der Kanzlei laut Vorstandschef Markus Braun aber trotzdem unter Verschluss halten. Geht es nach dem CEO, würde er nun am liebsten schnell zum Tagesgeschäft übergehen. Die Aufarbeitung der Vorfälle dürfte den Konzern allerdings noch einige Zeit beschäftigen – zumal auch die Untersuchung der Behörden in Singapur noch läuft.
Das befürchten offensichtlich auch die Anleger, denn der Aktie liefert die Klage-Androhung gegen die Financial Times am Donnerstag keine Impulse – nach dem Freudensprung am Dienstag geht es weiter moderat abwärts.