Im Münchner Wirecard-Prozess muss sich der frühere Vorstandschef Markus Braun auf eine eindringliche und langwierige Befragung zu seinen Unschuldserklärungen einstellen. Die Richter wollen fünf Prozesstage nur für Brauns Aussage und die anschließende Befragung des österreichischen Managers reservieren.
Das kündigte der Vorsitzende Markus Födisch am Donnerstag an. Demnach soll der des Milliardenbetrugs angeklagte Braun sich erstmals am 19. Januar zur Sache äußern. Er steht seit 8. Dezember gemeinsam mit zwei Mitangeklagten vor Gericht.
Ob der Terminplan eingehalten wird, ist jedoch offen. Brauns Verteidiger haben die Aussetzung des Verfahrens beantragt. Bisher hat die Kammer darüber nicht entschieden. Die Anwälte werfen der Staatsanwaltschaft vor, die Verteidigung seit Prozessbeginn mit zehntausenden Seiten nachträglich gelieferter Ermittlungsunterlagen zu überfluten (DER AKTIONÄR berichtete).
Wird der Prozess zur Schlammschlacht?
„Das wird es wahrscheinlich in der Nachkriegszeit in einem Verfahren vor einem deutschen Strafgericht noch nicht gegeben haben“, beschwerte sich Anwalt Alfred Dierlamm. Der Ton zwischen Verteidigung und Gericht ist gereizt: „Ich kann die Dramatik, die Sie hier auftun, nicht ganz nachvollziehen“, erwiderte der Vorsitzende. Doch auch die Verteidigung des mitangeklagten früheren Wirecard-Chefbuchhalters kritisierte das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als „enorme Zumutung“.
Die Anklage wirft Braun, dem geständigen Kronzeugen Oliver Bellenhaus und dem Ex-Chefbuchhalter gewerbsmäßigen Bandenbetrug vor. Sie sollen über Jahre die Bilanzen des 2020 kollabierten DAX-Konzerns gefälscht und nicht vorhandene Milliardenumsätze erfunden und auf diese Weise von Kreditgebern über drei Milliarden Euro Darlehen erschwindelt haben.
Braun weist die Vorwürfe zurück, der frühere Vorstandschef sieht sich selbst als Opfer einer Betrügerbande im Unternehmen. Bei seiner Aussage Mitte Dezember hatte Bellenhaus seinen früheren CEO allerdings schwer belastet.
Die juristische Aufarbeitung des Wirecard-Skandals läuft nun zwar, dürfte sich aber noch Jahre hinziehen. Geschädigte Anleger, die auf Schadenersatz hoffen, brauchen also noch jede Menge Geduld – und selbst dann ist fraglich, ob beim Unternehmen und dem früheren Management überhaupt noch etwas zu holen ist.
Mit Material von dpa-AFX.