Lange galt Wirecard als Anlegerliebling und heller Stern am Payment-Himmel – bis der Zahlungsabwickler implodiert ist. Mit dem niederländischen Rivalen Adyen steht aber längst eine Alternative bereit – und zwar für Anleger und Kunden gleichermaßen.
Der Schock über die spektakuläre Pleite sitzt tief – auch bei Adyen-Chef Pieter van der Does: „Niemand in der Branche hat gedacht, dass bei Wirecard Betrug im Spiel war – erst recht nicht in dem Ausmaß, wie es nun bekannt wird“, sagt der CEO in einem Interview mit dem Handelsblatt. „Der Wirecard-Untergang ist ein Desaster für die Branche, schließlich basiert unser Geschäft auf Vertrauen.“
Unmittelbare Folgen spüre man allerdings nicht, so van der Does – im Gegenteil: „Einige ehemalige Wirecard-Kunden wechseln zu uns. Die Zahl ist so gering, dass sie keinen Einfluss auf unser Jahresergebnis haben wird.“ Adyen sei schließlich nicht dafür bekannt, Hochrisikokunden zu bedienen.
Wachstum durch Übernahmen möglich, aber...
Während einige verunsicherte Wirecard-Kunden also bei Adyen Zuflucht finden, haben die Niederländer bereits in der Vergangenheit klar gemacht, dass sie kein Interesse an Unternehmensteilen des insolventen Rivalen haben (DER AKTIONÄR berichtete).
Ganz allgemein will van der Does zukünftige Übernahmen aber nicht mehr grundsätzlich ausschließen. „Aber derzeit ziehen wir es vor, zusätzliche Dienstleistungen selbst zu entwickeln. Es ist auf jeden Fall sehr unwahrscheinlich, dass wir einen Zahlungsdienstleister, der uns ähnelt, erwerben.“
Corona als Trendbeschleuniger
Unternehmen aus der Payment-Branche zählen tendenziell zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Zwar sind die Umsätze mit Reisebuchungen und mit stationären Händlern zeitweise eingebrochen, doch dort, wo geöffnet ist, bezahlen immer mehr Menschen mit Karte. Zudem boomen Online-Bestellungen, wo ohnehin bargeldlos bezahlt wird.
„Die Krise hat sich als Beschleuniger der Digitalisierung erwiesen: Einige Händler haben nun doch einen Onlineshop aufgebaut oder den bestehenden ausgebaut“, so der Adyen-CEO gegenüber dem Handelsblatt. Entsprechend hatte der Zahlungsabwickler für das erste Halbjahr 2020 trotz Corona noch beachtliche Zuwächse im operativen Geschäft gemeldet.
Die Wirecard-Pleite und die starken operativen Aussichten sind jedoch nicht die einzigen Impulsgeber für Adyen. Ab dem heutigen Montag (21. September) gehört die Aktie zum Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50. Der bevorstehende Aufstieg hatte ihr bereits am Freitag bei 1.524,50 Dollar ein neues Rekordhoch beschert. Investierte Anleger bleiben dabei, spekulative Neueinsteiger können nach dem Kaufsignal einen Fuß in die Tür stellen.