Nachdem die Financial Times (FT) am Dienstag zum wiederholten Mal die Bilanzierung von Wirecard in Zweifel gezogen hat, werden Rufe nach einer Sonderprüfung laut. Medienberichten zufolge würden das auch Großaktionäre und Aktionärsschützer unterstützen.
Vor allem Letztere machen nach den wiederholten Bilanz-Vorwürfen Druck und fordern von Wirecard transparente Aufklärung: „Der Konzern kann die gravierenden Vorwürfe nicht mehr einfach beiseite wischen“, sagte Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) dem Handelsblatt.
Hinweise auf Missstände seien vom Vorstand in der Vergangenheit abgebügelt worden, ehe die Wahrheit im Nachhinein scheibchenweise ans Licht gekommen sei, kritisiert die Aktionärsschützerin. „Damit muss Schluss sein. Wirecard ist ein DAX-Konzern, kein Start-up.“ Sie fordert daher eine Sonderprüfung durch Dritte.
Großaktionär fordert schnelles Handeln
Fondsmanager Ingo Speich von der Deka-Bank erklärte, dass sein Institut eine Sonderprüfung unterstützen würde, wenn diese bei der nächsten Hauptversammlung zur Debatte stünde. Dabei gilt es allerdings zu bedenken, dass die nächste ordentliche Hauptversammlung erst am 2. Juli 2020 stattfindet.
Darüber hinaus müsse das Unternehmen aber auch kurzfristig handeln, etwa durch den Ausbau der Compliance-Abteilung und eine kompetentere Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat. Entsprechende Forderungen habe Speich bereits bei der diesjährigen Hauptversammlung erhoben, bislang jedoch ohne Reaktion – dabei zählt Deka nach Daten von Bloomberg mit rund 1,2 Prozent der Anteile zu den 15 größten Wirecard-Aktionären.
Erste Rufe nach der BaFin
Branchenexperte Volker Brühl von der Goethe-Universität Frankfurt bringt noch weitere Vorschläge ins Spiel: Er begrüße es, wenn die Börsenaufsicht BaFin ihre laufenden Ermittlungen wegen des Verdachts auf Marktmanipulation ausweiten und gegebenenfalls die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) einbeziehen würde.
Zudem müsse der Wirtschaftsprüfer Ernst & Young (EY) von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit werden, um zur Aufklärung beitragen zu können. Schließlich habe EY ein hohes Eigeninteresse, dass mögliche Zweifel ausgeräumt werden.
Bei Wirecard stoßen derlei Forderungen auf Unverständnis, heißt es in dem Bericht. Nach Einschätzung des AKTIONÄR sind mehr Transparenz und eine lückenlose Aufklärung jedoch der einzige Weg, um Kritikern und Shortsellern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dementi und der stoische Blick nach vorne werden dafür nicht ausreichen.
Solange jederzeit weitere Negativ-Schlagzeilen zu befürchten sind, bleibt DER AKTIONÄR bei seiner neutralen Haltung gegenüber der Wirecard-Aktie.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.