Die US-Großbank Wells Fargo kommt nicht zur Ruhe – der Scheinkontenskandal ist noch größer, als bisher gedacht. Während Börsenguru Jim Cramer harsche Worte findet, hatte sich Großinvestor Warren Buffett erst kurz zuvor zu seiner Position bekannt.
Der Skandal um fingierte Konten bei Wells Fargo hat deutlich größere Dimensionen als zunächst von der US-Großbank angegeben. Nach Untersuchung der Vorfälle musste die Zahl der unautorisiert eröffneten Kundenkonten von 2,1 Millionen auf rund 3,5 Millionen nach oben korrigiert werden. Vorstandschef Tim Sloan entschuldigte sich bei allen Betroffenen und kündigte an, weitere 2,8 Millionen Dollar für Entschädigungen bereitzustellen.
Bereits vor rund einem Jahr musste das Institut einräumen, dass Mitarbeiter jahrelang Konten ohne die Zustimmung der Kunden eröffnet hatten. Nach zahlreichen Entlassungen – selbst CEO John Stumpf musste seinen Hut nehmen – sowie Strafen und Gerichtskosten in Millionenhöhe decken die Ermittler aber immer mehr Machenschaften auf. Zuletzt geriet Wells Fargo wegen dubioser Versicherungsaufschläge bei Autokrediten in Bedrängnis.
Dass der Skandal noch nicht ganz ausgestanden ist, muss Sloan wohl schon geahnt haben. Erst in der Vorwoche hatte er davor gewarnt, dass im Zuge der Untersuchungen wohl noch mehr schlechte Schlagzeilen folgen könnten.
Buffett will die Treue halten
Darauf angesprochen sagte Investmentlegende Warren Buffett, der mit seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway der größte Anteilseigner von Wells Fargo ist, erst kürzlich in einem Interview: „Es ist nie nur eine Kakerlake in der Küche.“ Das erschreckende sei, was man nach der ersten findet. In dem Moment, wo man eine Organisation mit tausenden Mitarbeitern genau unter die Lupe nehme, sei es sehr wahrscheinlich, weiteres Fehlverhalten aufzudecken.
Trotzdem sprach Buffett der Großbank erneut sein Vertrauen aus und sagte, dass er die Beteiligung an Wells Fargo als Langfrist-Investment deshalb nicht in Zweifel ziehe. „Es ist eine großartige Bank, genau wie Bank of America. Es wurden schwere Fehler gemacht, aber die werden nun korrigiert.“
Harte Kritik am Vorgehen
Weniger gnädig zeigte sich Jim Cramer, der Wells Fargo als Schurkenbank („rouge bank“) bezeichnete. Auch im US-Kongress erhitzt die Ausweitung des Skandals die Gemüter. Abgeordnete beider Parteien kündigten noch schärfere Untersuchungen an. Auch der Ruf nach strengerer Regulierung der Bankenbranche ließ nicht lange auf sich warten.
Aktie meiden – das sind die Alternativen
Auch DER AKTIONÄR geht davon aus, dass der Skandal bei Wells Fargo noch nicht ausgestanden ist und der Aktienkurs weiter darunter leiden wird. Nachdem die Aktie Ende Juli ausgestoppt worden war, sollten Anleger an der Seitenlinie bleiben. Wer im US-Banken-Sektor aktiv werden will, sollte stattdessen lieber einen Blick auf Bank of America oder Morgan Stanley werfen.