Der Markt läuft – trotz Corona, trotz Unruhen in den USA, trotz Massenarbeitslosigkeit. Und was macht Warren Buffett? Er schaut an der Seitenlinie zu. Die Quittung folgt prompt: Die Berkshire-Hathaway-Aktie ist zum Underperformer mutiert – nicht nur kurz-, sondern auch langfristig. Ob der Legende die Wende gelingt?
Buffett hat seinen Killerinstinkt verloren. Die lebende Investorenlegende hat im März, als die Börse übel crashte, keinen Kauf gewagt. Dabei wäre es seine Chance gewesen, schließlich ist Buffett der Prototyp des Contrarian, also des antizyklischen Anlegers, der dann kauft, wenn Blut durch die Straßen fließt.
Nun steht die Börse viel höher als im März. Etliche Aktien haben ein neues Rekordhoch erreicht oder stehen unmittelbar davor. Dazu zählen auch Buffetts Lieblingsaktien Amazon und Apple. Doch auch hier griff Buffett nicht zu.
Für einige Medien war der Fall klar: Buffett erwartet noch einen Crash, einen, der noch heftiger wird als der März-Abverkauf.
Aber der bleibt bislang aus. Und es sieht auch nicht so aus, als ob er bald kommt. Notenbanken und Regierungen haben den Ernst der Coronakrise erkannt und stellen Billionen bereit, um die Konjunktur zu stützen. Zudem forschen weltweit derzeit 138 Unternehmen an einem Impfstoff gegen Corona. Hunderte Firmen arbeiten an der Entwicklung einer Medikamententherapie.
Gelingt hier ein zeitnaher Durchbruch, würde das die Kurse wohl noch einmal ordentlich befeuern.
Buffett läuft somit Gefahr, noch stärker abgehängt zu werden. Aktuell liegt Berkshire Hathaway 2020 mit 16 Prozent im Minus, während der S&P 500 nur noch 3,3 Prozent verloren hat.
Die schwache Entwicklung im laufenden Jahr hat Buffett die langfristige Performance verhagelt. Auf Sicht von zehn Jahren kommt Berkshire nur noch auf plus 164 Prozent – und liegt damit 20 Prozentpunkte hinter dem S&P 500.
Buffett wird die Underperformance wurmen. Doch unter Druck war die Legende immer besonders stark. Legendär ist sein Handeln in der Finanzkrise, als er groß bei den Banken einstieg, was sich damals keiner traute. Später stieg Buffett mit großem Gewinn aus. Nun hat er einen großen Trumpf in der Hand: 137 Milliarden Dollar Cash. Er kann jederzeit zugreifen – und er wird es tun, sobald er eine Chance wittert. Ergo: Möglicherweise wird man Berkshire schon bald nicht mehr so günstig bekommen wie jetzt. Antizyklische Anleger greifen deswegen zu.