Das erfolgreichste Volkswagen-Modell feiert seinen 50. Geburtstag! Ende März 1974 liefen die ersten VW Golf vom Band. Der Nachfolger des VW Käfer musste den Autokonzern retten und schaffte das auch. Doch zum Jubiläum hängt die VW-Vorzugsaktie immer noch tief unter früheren Kurshöhen. Immerhin ist eine Trendwende erkennbar.
Außenministerin Annalena Baerbock hatte früher einen, Musiker Peter Maffay schon mehrere. Der heutige Konzernchef Oliver Blume, aufgewachsen in Braunschweig, saß schon als Kind im Golf. Sein Vater hatte in den Siebzigern einen der ersten Golf GTI, mit dem die Marke den Kompaktwagen 1976 auf Sportlichkeit trimmte.
Der Volkswagen Golf ist das mit Abstand beliebteste Auto in Deutschland. Ganze Generationen machten ihre Fahrerlaubnis in dem Klassiker aus Wolfsburg. Nun wird der Käfer-Nachfolger 50 Jahre alt.
1974 hatte er Premiere, als Golf I. Am 29. März lief damals in Wolfsburg der allererste Golf vom Band. Außen kompakt und kantig, innen dennoch geräumig, mit Frontantrieb, Wasserkühlung, umklappbarer Rückbank und großer Heckklappe. Deutlicher konnte die Abkehr vom Käfer, an dem VW seit fast drei Jahrzehnten festgehalten hatte, kaum ausfallen.
Golf rettete VW vor dem Aus
Für VW war 1974 ein Schicksalsjahr, das 807 Millionen D-Mark Verlust einbringen sollte und fünf Prozent Rückgang bei der Belegschaft. Die Gründe: Absatzrückgang, Währungsschwankungen und vor allem steigende Kosten für Material und Personal. Viel zu lange habe die Marke am Käfer festgehalten, der sich immer schlechter verkaufte, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Bochumer Center Automotive Research. Der neue Hoffnungsträger Golf I war zum Erfolg verdammt – und für den sorgte er auch. "Ohne den Golf", sagt Dudenhöffer, "würde es VW heute in der Form wohl nicht geben."
Mehr als 37 Millionen "Gölfe", wie man die Mehrzahl in Wolfsburg liebevoll nennt, wurden seit dem Start weltweit verkauft. Inzwischen läuft im Werk die achte Generation vom Band.
Der Thron wackelt
"50 Jahre, das gibt es nicht so oft, dass eine Ikone so alt wird und sich immer wieder neu erfindet", sagt der heutige Markenchef Thomas Schäfer, der beim Anlauf des Modells kurz vor seinem vierten Geburtstag stand. "Das ist schon ein Phänomen." Vor allem, weil das Auto quer durch alle Käuferschichten punkte. "Der Golf war immer wirklich klassenlos", sagt Schäfer. "Den kann jeder fahren. Vom Rechtsanwalt oder Vorstandsvorsitzenden bis runter zum normalen Arbeiter. Es gibt wenige Autos, die das geschafft haben." Auch er selbst fahre privat natürlich Golf.
In Deutschland ist der Golf seit Jahren das meistverkaufte Auto. Doch der Thron wackelt. In Deutschland konnte der er den Spitzenplatz auch 2023 verteidigen, in Europa insgesamt musste er ihn inzwischen an Teslas Model Y abgeben. Und auch konzernintern ist der Golf nicht mehr die Nummer eins: Beim jährlichen Absatz hat ihn das 2007 aufgelegte Kompakt-SUV Tiguan längst überflügelt. "Bis zu den insgesamt 37 Millionen Auslieferungen vom Golf braucht es beim Tiguan aber noch ein bisschen", sagt Schäfer. Was angesichts der bisher ausgelieferten gut acht Millionen Tiguan wohl noch Jahrzehnte dauern wird. "Er holt aber mit großen Schritten auf."
Nächster Golf wird elektrisch
Ob es nach dem aktuellen Golf 8 noch eine neunte Generation geben wird? "Auf jeden Fall", sagt Schäfer. Aber nicht mehr als Verbrenner. "Die nächste Generation wird elektrisch." Und sie werde auch wieder Golf heißen, und nicht ID, wie die bisherigen E-Modelle. "Dafür stehe ich."
Bis es soweit ist, werde es aber noch bis zum Ende des Jahrzehnts dauern. "Das muss dann auch ein Fahrzeug sein, das den Werten des Golfs entspricht. Sonst macht es keinen Sinn."
Zum Golf-Geburtstag dümpelt die Volkswagen-Aktie bei 122 Euro herum. Vor drei Jahren, im März 2021 hatte die Vorzugsaktie des Wolfsburger Konzerns bei gut 252 Euro ein markantes Hoch (siehe 10-Jahres-Chart). Immerhin hat sich die VW-Aktie von ihrem Oktober-Tief unter der 100-Euro-Marke erholt und auch die 200-Tage-Linie (aktuell bei 114 Euro) sowie einen langfristigen Abwärtstrend hinter sich gelassen. Das bisherige Jahreshoch bei gut 128 Euro sollte bald ebenfalls überwunden werden.
Analysten heben Kursziel an
Die Privatbank Berenberg hat das Kursziel für Volkswagen von 130 auf 136 Euro angehoben und die Einstufung auf "Buy" belassen. 2024 werde herausfordernd für Autobauer, schrieb Analyst Romain Gourvil am Dienstag in einer Branchenstudie. Das Absatzwachstum dürfte begrenzt bleiben, der nachlassende Schwung bei Elektroautos gebe Anlass zur Sorge, und es gebe Preisdruck. Allerdings sehe es auf der Kostenseite mittlerweile teils besser aus: Arbeitskostendruck stehe eine Entspannung bei den Rohstoffpreisen gegenüber. Insgesamt erscheine eine harte Landung der Branche unwahrscheinlich.
Bereits in der Vorwoche hatte auch die DZ Bank den fairen Wert für die Volkswagen-Vorzugsaktien leicht angehoben, von 135 auf nun 137 Euro. Die Einstufung blieb bei "Kaufen". Der diesjährige Ausblick sei etwas optimistischer als erwartet, schrieb Analyst Michael Punzet am 22. März. Im Laufe des Jahres sollten Effekte aus den bisher eingeleiteten Maßnahmen zur Performance-Verbesserung sichtbar werden.
Charttechnisch deutet nach jahrelanger Kurstalfahrt viel auf eine Trendwende bei der VW-Vorzugsaktie hin. Anders als früher wird der Golf dabei jedoch nicht wieder die Hauptrolle spielen.
Auch wenn Kurssprünge wie bei KI-Aktien bei VW nicht zu erwarten sind: DER AKTIONÄR hatte im Dezember für die Volkswagen-Aktie ein erstes Kursziel von 135 Euro ausgegeben. Bei 105 Euro sollte sicherheitshalber die Stop-Loss-Reißleine gezogen werden.
(Mit Material von dpa-AFX)
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Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz.