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07.03.2016 ‧ Markus Horntrich

Volkswagen : Die 30-Milliarden-Bombe

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Volkswagen will Streit mit Anlegern vor Gericht per Sammelverfahren klären. Dazu hat der Konzern selber einen Antrag auf ein sogenanntes Musterverfahren gestellt. Ein Schuss, der auch nach hinten losgehen kann.

Schadenersatz in Milliardenhöhe

Diverse Anleger machen vor Gericht geltend, dass VW angeblich zu spät über das Ausmaß der Abgas-Affäre informiert habe. Sie sehen sich wegen Verlusten an der Börse um viel Geld gebracht und klagen daher. Insgesamt geht es um rund 30 Milliarden Euro an verlorenem Börsenwert. VW argumentiert damit, dass der Vorstand von den Manipulationen nicht frühzeitig Bescheid gewusst hatte, sonder das in untergeordneten Ebenen entschieden wurde.
Der Kommentar der Tübinger Rechtsanwaltskanzlei Tilp sieht den Sachverhalt anders. „Die zitierte Behauptung der Volkswagen AG in ihrer PM vom 2. März 2016 ist nach unserer Überzeugung als irreführend und falsch zu bezeichnen“, betont der Tübinger Anlegeranwalt Andreas Tilp.

Hier ein Auszug aus dem Kommentar:

Im zweiten Absatz der VW-PM findet sich die Behauptung, dass „jede Ad-hoc-Pflicht voraussetzt, dass die für die Erfüllung dieser Pflicht verantwortlichen Personen Kenntnis eines kursrelevanten Sachverhaltes erlangen“. Dies ist nach unserer Auffassung irreführend und falsch.

Die Ad-hoc-Pflicht nach dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) trifft das börsennotierte Unternehmen als solches, und nicht den Vorstand oder ein einzelnes Vorstandsmitglied. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundegerichtshofs (BGH), dass die Zurechnung von Wissen innerhalb juristischer Personen „zu Lasten der juristischen Person … statt“ findet, „nicht zu Lasten ihrer Organe … Die Zurechnung steht der Geltendmachung von Unkenntnis entgegen, ohne dass sie eine tatsächlich fehlende Kenntnis ersetzt“ (BGH-Urteil vom 13.10.2000, V ZR 349/99, Ziff. II. 3. b).
Wie sich schon aus diesem BGH-Zitat ergibt, wird gerade auch das Wissen von solchen Mitarbeitern zugerechnet, die unterhalb der Organebene angesiedelt sind.

Dementsprechend heißt es auch explizit im führenden Kommentar zur Haftungsvorschrift des § 37 b) WpHG, welcher den Schadensersatzanspruch für das Unterlassen einer Ad-hoc-Mitteilung regelt (Kölner Kommentar zum WpHG, 2. Auflage, 2014, §§ 37 b, c, Rz. 178: „In Fällen, in denen nach den Grundsätzen der Rechtsprechung Wissen zugerechnet wird, also Kenntnis des Unternehmens unterstellt wird, muss der Versuch des Emittenten, sich auf nicht grob fahrlässige Unkenntnis zu berufen, scheitern.“

Fluch oder Segen?

Ob das angestrebte Musterverfahren angesichts der Sachlage Flug oder Segen ist, lässt sich angesichts der juristischen Komplexität nur schwer sagen. Ohnehin wird es sich über einen langen Zeitraum hinziehen, bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, in welcher Höhe dann Rückstellungen zu bilden sind für drohende Verluste aus den Rechtsstreitigkeiten. Da die Wirtschaftsprüfer bereits im Q3-Bericht das Testat eingeschränkt hatten, könnte sich dieser Umstand auf die Bonität und damit die Finanzierung auswirken. DER AKTIONÄR bleibt angesichts der schwebenden Risiken bei seinem negativen Urteil zur VW-Aktie. Das Papier bleibt trotz der sich andeutenden Bodenbildung im Chart auf „Sell“.

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