Der Autobauer BMW hat im dritten Quartal wegen der technischen Probleme mit Bremssystemen und der Schwäche auf dem wichtigen chinesischen Markt einen massiven Gewinneinbruch erlitten. Der Konzernüberschuss sackte um fast 84 Prozent auf 476 Millionen Euro ab. Volkswagen und Mercedes-Benz schnitten zuvor nicht viel besser ab. Wie steht es derzeit um die deutschen Automobil-Hersteller? DER AKTIONÄR sprach mit Ferdinand Dudenhöffer von CAR - Center Automotive Research in Bochum.
DER AKTIONÄR: Herr Dudenhöffer, wie prekär ist die Lage für BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen?
Ferdinand Dudenhöffer: Für alle vier gibt es ein großes Problem: China und das Elektroauto. Es ist ein substantielles und elementares Problem. Wenn man es nicht löst verliert man. Erstens, Skalierung ist bei der Lösung des Problems wichtig und da hat BMW sicher Vorteile gegenüber Mercedes. Zweitens, die richtige Location für die Entwicklung. Die Fahrzeug-Entwicklung definiert das Gehirn des Fahrzeug und das stammt in der Zukunft von Tech-Konzernen und nicht den klassischen Autobauern. Und es sieht ganz danach aus, dass es in China seine neue Heimat hat mit Huawei, Baidu und anderen. Also wird derjenige am besten das Problem lösen, der am mutigsten ist und sein Entwicklungszentrum in China aufschlägt. Drittens, die Kooperation. Wer kooperationsfähig ist, hat einen wichtigen Schlüssel in der Hand um das große Problem zu lösen. Also theoretisch wissen wir, was zu machen ist.
Wie aber sieht es aktuell in der Praxis aus?
Klar ist, dass die nächsten 5 Jahre schwer werden. Aber derjenige, der die drei Dinge am schnellsten angeht, kommt am schnellsten aus dem Tal. Mercedes hat zwar keine Scales durch die Luxusstrategie, aber Källenius ist reaktionsschnell. Bei VW ist man schon gut in China unterwegs, also im Prinzip läuft der Prozess. Porsche und BMW sind da schwieriger. Man baut sehr stark – ich denke zu stark - auf die heimische Denke und das heimische Wissen.
Ganz speziell im wichtigsten Automarkt der Welt China gehen die Verkäufe der deutschen Hersteller in die Knie. Ist der Trend aufzuhalten?
Man lernt nur von und in China. Die Frage der Verlagerung von Produktionen ist langweilig geworden, denn das ist zu großen Teilen – außer bei der Kernmarke VW - schon passiert. Das Auto muss chinesisch denken, sprich die Verlagerung der Entwicklung nach China wird zentral sein. In China wird das neue Auto erfunden. Der Ingenieur aus Weissach, München oder Stuttgart kann nur das heutige Auto konstruieren und das hat ja Probleme in China.
Im Massenmarkt herrscht in China bereits ein harter Konkurrenzkampf. Was aber passiert, wenn Nio, Xiaomi & Co ihre Modellpalette auf Premiumniveau bringen?
BYD, Geely, Chery und erst Recht Huawei, Xiaomi und Baidu sind die neuen Wettbewerber und gleichzeitig wichtige Kooperationspartner. Aus Deutschland heraus das Auto von morgen machen geht schief. Wir brauchen die Gene aus China und dazu muss man nach China. Dann hat man gute Chancen. Die Marke stimmt und mit Chinese Tech kann man gewinnen.
Wie ist die Lage bei Volkswagen? Kann es VW schaffen beziehungsweise wie kann es VW schaffen wieder in die Spur zu kommen?
Eigentlich hat Volkswagen nur zwei Probleme. Einmal die Marke VW mit der zu starken und eingefrorenen Standort-Festlegung Niedersachen durch die 20 % Aktienbesitz eines Bundeslandes. Aber dieses strukturelle Problem ist wohl ein gordischer Knoten. Man kann also nur versuchen aus dem Ausland das zu subventionieren und gemächlich abzumildern. Zweitens Audi. Das Unternehmen ist sehr instabil durch die vielen Vorstandswechsel im Entwicklungsresort. Diese Problem ist lösbar und verantwortlich für die Lösung ist der Aufsichtsrat. Skoda funktioniert prächtig, Seat, Cupra kommt. Brandstetter in China macht von außen gesehen keinen schlechten Job. Sprich, VW kann in den nächsten Jahren durch seine starke China Entwicklung stabilisieren. Unklar bleibt die USA. Vielleicht ist USA sogar ein größeres Risiko wie China.
Fazit: Ja, man kann es schaffen. Aber man braucht Zeit. Die nächsten 3 bis 5 Jahre werden nicht einfach.