Noch am Freitag schien die Welt bei Volkswagen in Ordnung. Der Autobauer beschloss, die Investitionssumme im Bereich E-Mobility und Digitalisierung weiter aufzustocken. Am Montag schraubte VW dann seine Ertrags- und Umsatzziele für das kommende Jahr zurück.
33 Milliarden fließen in die Elektromobilität
VW wird zwischen 2020 und 2024 rund 60 Milliarden Euro für die Bereiche E-Mobilität, Hybridantriebe und Digitalisierung ausgeben. Das wären mehr als 40 Prozent aller Sach- und Entwicklungsinvestitionen. Rund 33 Milliarden Euro sollen allein in die Elektromobilität fließen. Alles gut also bei Volkswagen? Weit gefehlt.
Die schwache Branchenlage geht auch am zuletzt rund laufenden Geschäft von Volkswagen nicht vorbei. Der Konzern wird bei den Aussichten für das kommende Jahr vorsichtiger, Umsatz und Gewinn werden weniger stark steigen als zunächst geplant, wie das Management um Konzernchef Herbert Diess und Finanzvorstand Frank Witter am Montag in einer Telefonkonferenz mit Analysten einräumen musste.
"Das Beste der Party ist vorbei"
Diess sagte, großes Wachstum werde es auch kommendes Jahr im Markt nicht geben. Einige Märkte dürften sogar weiter zurückgehen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Automarkt hätten sich geändert, sagte Finanzvorstand Witter. "Das Beste der Party ist vorbei." Die mittelfristige Geschäftsplanung aktualisiert VW jährlich mit den Ergebnissen der fünfjährigen Investitionsplanungsrunde, die der Konzern am Freitag beschlossen hatte. Den regulären Ausblick für das Jahr 2020 will Volkswagen mit dem Geschäftsbericht im März veröffentlichen.
Weniger Umsatzwachstum
Beim Umsatz plant VW 2020 nun nur noch ein Wachstum von mindestens 20 Prozent zu demjenigen von 2016 ein. 2016 hatte VW gut 217 Milliarden Euro Umsatz gemacht, davon ausgehend kalkulieren die Wolfsburger nun mit mindestens knapp 261 Milliarden Euro Erlös im kommenden Jahr. Vorher hatte Volkswagen mit einem Wachstum von mindestens 25 Prozent über den Zeitraum gerechnet - das wären noch rund 10 Milliarden mehr gewesen.
Ausgehend vom geringeren Umsatzwachstum wird im kommenden Jahr auch weniger Gewinn bei VW übrigbleiben. Das Renditeziel für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen bleibt zwar bei 6,5 bis 7,5 Prozent. Da der operative Gewinn infolge der schwächeren Umsatzentwicklung nun nur noch um mindestens ein Viertel über dem von 2016 liegen soll, rechnet Volkswagen hier mit einem Wert von mindestens 18,2 Milliarden Euro. Nach altem Plan hätten es rund 19 Milliarden sein sollen.
Die bestätigten Ziele für die operative Umsatzrendite sowie beim freien Mittelzufluss 2020 sähen nicht sehr fordernd aus, kommentierte JPMorgan-Analyst Jose Asumendi. Denn diese dürften schon dieses Jahr erreicht werden. Arndt Ellinghorst von Evercore schrieb, VW sei zwar bei den Sachinvestitionen gut auf Kurs, hier effizienter zu werden. Doch die Forschungs- und Entwicklungskosten seien außergewöhnlich hoch - das führe "hoffentlich" zu mehr Innovationen und nicht nur zu höherer Komplexität wie oft in der Vergangenheit.
Die VW-Aktie ist seit Jahresbeginn um rund 30 Prozent geklettert. Weit vor Daimler und BMW. Die Daimler-Aktie hat nach einem enttäuschenden Kapitalmarkttag wieder einige Punkte eingebüßt. Das Papier von BMW liegt im Jahresverlauf nur knapp 2 Prozent im Plus. Die VW-Aktie bewies in den letzten Wochen hingegen relative Stärke.
Damit könnte es jetzt vorbei sein. Die heutige Nachricht stimmt nicht unbedingt hoffnungsvoll für die Aktie. Das aus technischer Sicht ausgerufene Potenzial bis 191,78 Euro rückt vorerst in weite Ferne. Die nächste Unterstützungslinie verläuft im Bereich von 171,30 Euro.
(Mit Material von dpa-AFX)