Printjournalismus steht seit Jahren vor dem Aus durch KO. Denn die Leser wandern vom Print- ins Onlinemedium ab, wo die Verlage einen ungleichen Kampf gegen Google, Facebook und Co ausfechten müssen. Dennoch schaffen es einige Printverlage sich durchzuschlagen – ein Musterbeispiel unter den Überlebenskämpfern ist dabei die New York Times. Der AKTIONÄR verrät weshalb:
Überlebensmodell Abo
Wer überleben will, muss sich daher im schnelllebigen Internet auf ein stabileres Geschäftsmodell als das Anzeigengeschäft fokussieren. Doch genau das haben zahlreiche Verlage verpasst. Dabei waren es die Zeitungsverlage, die vor Jahrzehnten ein vielversprechendes Geschäftsmodell entwickelt haben, dass auch online hervorragend funktioniert: das Abo-Modell oder – wie es heute heißt – ein „Subscription-Business“.
Das Abo-Geschäft hat drei entscheidende Vorteile: Zum einen ist es weniger konjunkturellen Schwankungen unterworfen als das Anzeigengeschäft. Denn in einer Rezession sparen Unternehmen als erstes an den Werbeausgaben. Zum zweiten ist man näher am Endkunden und dessen Bedürfnissen, was Möglichkeiten für Marketing und Vertrieb weiterer Produkte schafft. Zum dritten lassen sich Angebot und Nachfrage einfacher bestimmen – Umsätze und Cashflow werden für Management oder Investoren vorhersehbarer, das Risiko sinkt.
Erfolgsmodell Abo
Ein Zeitungsverlag, der früher über die Hälfte der Umsätze mit Anzeigen erwirtschaftete und heute als Vorzeigekandidat für eine erfolgreiche Wandlung zum Subscription-Business zählt, ist die New York Times. Die traditionsreiche Tageszeitung hat bereits vor zwei Jahren einen wichtigen Meilenstein erzielt: Die reinen Digital-Abo-Einnahmen sind seither höher als die Einnahmen aus den Printanzeigen. Im aktuellen ersten Quartal erzielte der Zeitungsverlag bei den „digital-only“-Abonnements ein Umsatzwachstum von 15 Prozent auf 110 Millionen Dollar. Sogar das digitale Werbegeschäft legte um 19 Prozent auf 56 Millionen Dollar zu. Die Erlöse durch Printanzeigen setzten dagegen den Negativtrend fort und schrumpften um 12 Prozent auf 70 Millionen Dollar.
Überragend sind insbesondere die Zuwachsraten der Abonnenten: Im ersten Quartal wuchs die Anzahl der reinen Digital-Abonnenten um 29 Prozent. Der Zuwachs ist jedoch nicht allein dem Nachrichtenangebot zu verdanken. Mittlerweile hat die New York Times zwei Apps auf den Markt gebracht – eine mit Kochrezepten und eine mit Kreuzworträtseln. Zudem werden reichweitenstarke Teile ausgegliedert und zu eigenen Produkten zusammengeschnürt wie beispielsweise NYT Parenting, ein Blog rund um die Kindererziehung.
Zukunftsmodell Abo
Diese digitale Mischung bildet die Grundlage für ein nachhaltiges Geschäftsmodell, mit dessen Hilfe ambitionierten Langfristziele erreicht werden sollen. 2015 setzte sich der Konzern das Ziel, die digitalen Umsätze von 400 Millionen Dollar bis Ende 2020 zu verdoppeln. 2018 wurden bereits 709 Millionen generiert – die New York Times liegt gut im Rennen. Doch die Unternehmensführung hat noch größere Ambitionen: Die Zahl der Abonnenten soll bis 2025 auf zehn Millionen steigen.
„40 Milliarden Dollar wert“
Rasante Nutzerzuwächse, digitales Produktportfolio mitsamt Freemium-Mobile-Apps und wiederkehrenden Umsätzen – die New York Times ähnelt mittlerweile eher einer „Software-as-a-Service“-Firma als einem klassischen Zeitungsverlag. Das hat der Markt erkannt und bewertet die Aktie heute mit einem 19er-KGV von 38. Doch es bleibt eine Bewertungsdiskrepanz zu den neuen Software-Peers. Medienmanager Mark Lotto bringt es auf den Punkt: „Wäre die New York Times nicht vor 160, sondern vor fünf Jahren gegründet worden, wäre sie heute 40 Milliarden Dollar wert.“ Sicherlich etwas übertrieben. der aktionär sieht dagegen eine Marktkapitalisierung von sieben Milliarden Dollar als erreichbar an.