Das Ende der Verkaufsgespräche für die Stahlsparte mit Liberty Steel war in der vergangenen Woche ein echter Paukenschlag bei ThyssenKrupp. Die Aktie hat sich nach einer ersten Enttäuschung aber schnell wieder gefangen – zu absehbar war die Entscheidung bereits im Vorfeld. Allerdings steigt der Druck auf das Management.
Als Optionen für den Stahl bleiben die Abspaltung und die Entwicklung in Eigenständigkeit. Zwar haben vergleichbare Beispiele wie Siemens Energy oder Uniper den Charme von Spin-offs und ihre Chancen an der Börse gezeigt. Dennoch gilt diese Variante in Finanzkreisen als unwahrscheinlich. Stahl ist derzeit wenig zukunftsträchtig, der Investitionsbedarf aufgrund der Klimaziele bleibt riesig. Der eigenständige Konzern bräuchte ein entsprechendes Finanzpolster, was angesichts der Bilanz von ThyssenKrupp kaum machbar ist.
Im März soll die endgültige Entscheidung fallen, was mit dem Stahl passiert. Es wäre keine Überraschung mehr, wenn das langjährige Herzstück nun einfach Teil des Konzerns bleibt. Die maroden Hütten müssten zwar selbst teuer finanziert werden, angesichts der deutlichen Ergebnisverbesserung zuletzt und der Hoffnung auf eine konjunkturelle Belebung besteht allerdings zumindest die Chance, dass die Sparte zeitnah wieder Gewinne beisteuert und sich zumindest teilweise selbst finanziert.
Klar ist aber auch, dass dies mit harten Einschnitten einhergehen würde. ThyssenKrupp müsste voraussichtlich weitere Stellen streichen. Dies wird wohl auch mehr Arbeitsplätze kosten, als dies bei einem Verkauf an Liberty Steel kurzfristig der Fall gewesen wäre. Doch die Gewerkschaften, die sich zumindest nach außen skeptisch gegenüber dem Deal gezeigt haben, müssen damit nun leben – und zumindest weitgehend mit dem Management kooperieren, wenn sie wollen, dass langfristig überhaupt weiter Stahl produziert werden kann.
Das Management steht weiter vor einer Herkulesaufgabe. Viele Fragen bleiben offen, eine Lösung muss schnell her. Doch wird eine nachhaltig sinnvolle Strategie gefunden, sind trotz der jüngsten Rallye noch deutlich höhere Kurse möglich. Spekulative Anleger lassen die Gewinne deshalb laufen.