Mehrere Jahrzehnte geballte Börsenerfahrung, dafür steht Thomas Gebert. Der Autor mehrerer Bücher hat schon viele schwierige Börsenphasen miterlebt. Im exklusiven Interview mit dem AKTIONÄR gibt er seine Einschätzungen zur aktuellen Coronakrise. Dabei hat der Börsenexperte bereits im ersten Teil seine Ansichten zur aktuellen Marktverfassung aufgezeigt.
DER AKTIONÄR: Sehen Sie eine Systemkrise auf uns zukommen?
Thomas Gebert: Nein. Bei der Bekanntgabe der Maßnahmen der EZB wurde extra darauf hingewiesen, dass die Anleihekäufe nicht mehr nach einem festen Schlüssel passieren müssen. Die EZB kann also so viele italienische Anleihen kaufen wie sie will. Damit ist die Schuldenproblematik Italiens im Moment nicht virulent, entschuldigen Sie den Ausdruck. Auch von der Bankenseite steht nichts zu befürchten, die EZB wird mit Krediten aushelfen, so hoch sie auch sein mögen.
Das ist jetzt ein europaweiter nationaler Notstand und die Notenbank kann im Zweifel jeden beliebigen Betrag an Geld bereitstellen. Also, das Geld auf dem Konto scheint mir sicher zu sein. Es ist auch keine Inflation zu befürchten, wie nun häufig vermutet wird, oder gar Hyperinflation. Die entscheidenden Bestimmungsfaktoren für die Inflationsrate sind der Ölpreis und die Lohnkosten. Von beiden Seiten scheint eher ein Druck abwärts auszugehen. Wir haben es mit einer Krankheit zu tun, die wir hinter uns lassen müssen, nur das dauert seine Zeit.
Der DAX steht nicht in drei Monaten wieder bei 13.000.
Was ist mit Gold?
Gold an sich ist nicht schlecht. Aber wenn man den Verlauf des Goldpreises über den Kursverlauf einer US-Staatsanleihe legt, sieht man fast das gleiche Bild. Steigende Anleihekurse - also sinkende Anleiherenditen - gehen mit steigenden Goldkursen einher. Da sich die Anleiherendite wohl ziemlich im Tiefpunkt befindet, sollte sich der Goldpreis ziemlich auf einem Hochpunkt befinden. Große Kursavancen würde ich mir vom Gold nicht versprechen. Aber es spricht auch nichts gegen Gold.
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Würden Sie jetzt Aktien kaufen?
Ich würde den Kursen nicht hinterherlaufen und nicht über DAX 10.000 kaufen.
Welche Aktien würden sie wählen?
Das ist jedes Mal das Gleiche. Die Aktien, die vermutlich gut über diese Krise kommen werden, wie Nestlé und Amazon, sind deshalb auch nicht viel gefallen. Diejenigen dagegen, die während einer langen Wirtschaftskrise in Bedrängnis kommen könnten, wie Siemens, BASF oder VW, haben sich dagegen halbiert.
Wenn sich nun alles wieder erholt, haben die letzten drei natürlich ein größeres Potenzial als Nestlé und Amazon. Die drei können sich im Prinzip einmal wieder verdoppeln, bergen aber auch größere Risiken, sollte sich die Krise noch weiter verschärfen. Ich würde vermutlich von beiden nehmen, ein oder zwei für die Sicherheit und ein oder zwei für den Wumm. Nur, man muss halt Geduld mitbringen. Der DAX steht nicht in drei Monaten wieder bei 13.000.
Herr Gebert, wir danken für das Gespräch.
Ich danke Ihnen und vor allem bleiben Sie und Ihre lieben Leser gesund!
Mehr zu und von Thomas Gebert erfahren Sie unter www.gebertbrief.de.