Die S&T-Aktie kann sich nach dem Kursrutsch vom Vortag zumindest stabilisieren. Gestern attackierte Fraser Perring von Viceroy Research mit einer Reihe von Vorwürfen den österreichischen IT-Dienstleister. Nach einer ersten Stellungnahme will sich S&T so schnell wie möglich ausführlich zu den Vorwürfen äußern.
DER AKTIONÄR hat berichtet: Viceroy äußerte sich in einem online veröffentlichten Bericht negativ zur Bewertung der Aktie. Moniert wird darin vor allem die Qualität von Zukäufen (meist in Osteuropa) und die unübersichtliche Struktur der Gesellschaft. S&T steht schon länger im Fokus von Leerverkäufern, rund 7,4 Prozent der Aktien waren vor der gestrigen Short-Attacke leerverkauft.
Bereits im Herbst 2020 wurde S&T Opfer einer Short-Attacke. Damals drehte die Aktie im Bereich um 15 Euro nach einer ausführlichen Stellungnahme des Unternehmens zu den damaligen Vorwürfen wieder nachhaltig nach oben.
Die Reaktion der Investoren auf den aktuellen Bericht fiel ähnlich heftig aus. Die S&T-Aktie rutschte unter eine wichtige charttechnische Unterstützungszone bei 18,20 Euro und rauschte im Anschluss um über 30 Prozent auf 12,36 Euro nach unten. Damit wurden in der Spitze über 375 Millionen Euro an Börsenwert vernichtet. Am Ende verabschiedete sich die Aktie bei 13,24 Euro aus dem Handel. Die aktuelle Marktkapitalisierung beträgt rund 864 Millionen Euro
Eine größere Gegenbewegung blieb also aus – selbst nach einer ersten Stellungnahme des Unternehmens: „In den nächsten Tagen werden wir den Bericht und die enthaltenen Vorwürfe intern und extern im Detail prüfen und anschließend mit einer ausführlichen, öffentlichen Stellungnahme, als auch einem konkreten Maßnahmenpaket zurückkommen", hieß es in einer ersten Reaktion aus der S&T-Firmenzentrale. Das Unternehmen benötige dafür etwas Zeit, "da einige Vorwürfe alte Vorgänge aus der Zeit vor dem aktuellen Management der S&T AG betreffen und weder mit dem aktuellen Management, noch der S&T AG selbst in Verbindung stehen."
Nach Darstellung von S&T liegt der wesentliche Grund für den Bericht nicht in der operativen Performance der Gruppe, sondern in angeblichen, teilweise mehr als zehn Jahre zurückliegenden Compliance-Verstößen. Es habe zudem vor der Veröffentlichung keinerlei Kontakt zwischen Viceroy Research und der S&T AG gegeben. Vorstandschef Hannes Niederhauser sagte laut Mitteilung: "Wir bestätigen, dass die operative Performance der S&T AG im Bereich der aktuellen Guidance für das Geschäftsjahr 2021 liegt."
Das durchschnittliche Kursziel der Analysten beträgt 30 Euro. Alle sieben Experten empfehlen die Aktie zum Kauf. In einer ersten Einschätzung meldete sich Adrian Pehl von Stifel zu Wort. Er erhofft sich eine ebenso professionelle Antwort vom IT-Dienstleister wie bei einem ähnlichen Vorfall im vergangenen Jahr. Seine Kaufempfehlung mit Ziel 30 Euro hat Pehl bestätigt und stützt sich dabei weiter auf eine Aufteilung des Unternehmens mit einer Abspaltung der IT-Dienstleistungen. Pehl hatte die Aktie erst Anfang Dezember unter Beobachtung genommen. Von Seiten der Analysten dürfte es in den nächsten Tagen weitere Updates mit einem ähnlichen Fazit geben.
Kann S&T die Vorwürfe der Studie glaubwürdig wiederlegen und nachhaltig aus der Welt schaffen sowie mit dem ebenfalls angekündigten konkreten Maßnahmenpaket verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, sollte sich die Aktie wieder stabilisieren und am Ende auch von den Tiefstständen lösen können. Die Vergangenheit hat aber gezeigt: Das braucht Zeit.
(Mit Material von dpa-AFX)