Seit Wochen klettert die Aktie von Siemens Healthineers von Hoch zu Hoch. Der Medizintechnikkonzern profitiert weiter vom Verkauf der Corona-Schnelltests, auch sonst läuft es operativ gut. Im September wird die Siemens-Tochter zudem so gut wie sicher in den DAX aufsteigen. Das könnte weiteren Schwung verleihen.
Konzernchef Bernd Montag hat derzeit allen Grund, zufrieden zu sein. Nach einer Corona-Delle im vergangenen Jahr befindet sich das Unternehmen wieder auf Wachstumskurs. Die Geschäfte laufen dabei besser als gedacht – so hat Healthineers in diesem Jahr bereits dreimal seine Erwartungen für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 erhöht, zuletzt Ende Juli. Dabei profitiert das Unternehmen von einem außergewöhnlich guten Geschäft seiner Diagnostik-Sparte – dank der hohen Nachfrage nach Corona-Schnelltests überwiegend in Europa.
Im dritten Geschäftsquartal legte Healthineers daher stark zu und erlöste rund fünf Milliarden Euro, 51 Prozent mehr als im schwachen Vorjahresquartal, als die Corona-Krise das Geschäft belastet hatte. Erstmals trug auch die im April abgeschlossene Übernahme des US-Krebsspezialisten Varian dazu bei. Auf vergleichbarer Basis lag das Plus bei knapp 39 Prozent. Die Diagnostiksparte ragte dabei heraus und konnte ihre Erlöse nahezu verdoppeln. Das Geschäft mit Antigen-Schnelltests dürfte jedoch seinen Höhepunkt erreicht haben, sagte Finanzvorstand Jochen Schmitz jüngst. Im letzten Viertel des Geschäftsjahres sei mit einer deutlichen Abschwächung zu rechnen, dazu komme ein erheblicher Preisverfall bei den Tests.
Fantasie durch Varian
Große Erwartungen setzt Healthineers in Varian, die teuerste Übernahme der Firmengeschichte soll das Wachstum weiter ankurbeln. Der US-Krebsspezialist werde seine bereinigte Umsatzrendite deutlich steigern, sagte Schmitz. Dabei helfen sollen neben Umsatzsteigerungen auch Synergieeffekte. Diese dürften bis zum Geschäftsjahr 2024/25 über den derzeit avisierten 300 Millionen Euro liegen, so der Finanzvorstand jüngst in einem Interview mit der Börsen-Zeitung. Er deutete zudem für den Mitte November geplanten Kapitalmarkttag höhere mittelfristige Ziele an.
Atellica bleibt Problemfall
Ein wenig in den Hintergrund gerückt ist hingegen der Hochlauf des neuen Laborsystems Atellica, bei dem es bereits vor Beginn der Corona-Pandemie geknirscht hatte. Dies hat sich nicht geändert. In dem Interview merkte Schmitz an, dass Healthineers bei der Zahl der installierten Geräte um rund zehn Prozent hinter den 2019 formulierten Zielen hinterherhinke. Grund dafür sei die Pandemie, die die Kliniken und Labore stark belaste. Dadurch könnte sich das Erreichen der mittelfristigen Umsatz- und Ergebnisziele um „zwei bis vier Quartale“ verzögern.
Starke Geschäfte, eine Corona-Sonderkonjunktur und der anstehende DAX-Aufstieg: Bei Siemens Healthineers gibt es derzeit wenig Grund zur Kritik. Eine Konsolidierung scheint zwar langsam überfällig. Langfristig stimmen die Aussichten aber weiterhin. Anleger lassen deshalb die Gewinne laufen.
Mit Material von dpa-AFX