Das sind gute Nachrichten für die beiden Energieriesen Shell und vor allem Equinor, die stark in der Gasförderung engagiert sind: Der Erdgaspreis in Europa hat am Dienstag weiter zugelegt. Der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat kostete an der Börse in Amsterdam 47,05 Euro je Megawattstunde (MWh) und stieg damit den vierten Tag in Folge.
Somit summiert sich der Preisanstieg der vergangenen Tage auf 7,8 Prozent. Der Erdgaspreis bewegt sich aktuell in der Nähe des Jahreshochs. Beobachter begründeten den jüngsten Preisanstieg mit den aktuellen Entwicklungen im Krieg des wichtigen Gas-Exporteurs Russland gegen die Ukraine. Die ukrainischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs nachts ein Munitionslager in der russischen Grenzregion Brjansk beschossen. Medien in Kiew berichteten unter Berufung auf nicht genannte Militärs, dass dabei die von den USA gelieferte ATACMS-Raketen eingesetzt worden seien. Die USA haben der Ukraine erst kürzlich gestattet, die Waffen mit bis zu 300 Kilometern Reichweite auch gegen Ziele in Russland einzusetzen.
Die Gasnachfrage in Europa liege zwar nach wie vor deutlich unter dem Niveau von 2022, als der Ukraine-Krieg für heftige Kursanstiege gesorgt hatte, sagten Experten vom Oxford Institute for Energy Studies. Aber die jüngste Preiserholung "ist eine rechtzeitige Erinnerung daran, dass der europäische Gasmarkt grundsätzlich anfällig für die Nachbeben der Ukraine-Krise bleibt, selbst Jahre nach der ersten Lieferkrise."
Mit Blick auf die kommenden Tage deuten einige Prognosen darauf hin, dass die Temperaturen an diesem Wochenende über dem saisonalen Niveau liegen dürften, was die Nachfrage nach Heizwärme dämpfen könnte. Derweil sind die Gasspeicher in Europa derzeit zu rund 91 Prozent gefüllt. Der Wert liegt erstmals seit dem Höhepunkt der Energiekrise im Jahr 2022 wieder unter dem Fünfjahresdurchschnitt, wie Daten von Gas Infrastructure Europe zeigen.
Trotz des jüngsten Gaspreisanstiegs bleibt das Marktumfeld für die Energieriesen nach wie vor schwierig. Im heutigen Handel geht es mit beiden Kursen erneut leicht bergab. Bei Equinor ist das Chartbild immer noch in einer relativ schwachen Verfassung. Daher drängt sich trotz der günstigen Bewertung und der satten Dividendenrendite aktuell noch kein Einstieg auf. Hier ist vorerst weiter Geduld gefragt. Auf der Watchlist sollte man das Qualitätsunternehmen aber haben.
Bei Shell sieht es immerhin etwas besser aus. Wer hier investiert, sollte die Position unverändert mit einem Stoppkurs bei 26,00 Euro absichern.
Mit Material von dpa-AFX