Nach mehreren Beteiligungsverkäufen hat Rocket Internet in der Vorwoche einen Netto-Cash-Bestand von 3,1 Milliarden Euro ausgewiesen. Da verwundert es kaum, dass den Aktionären bei der Hauptversammlung am heutigen Mittwoch vor allem eine Frage auf den Nägeln brennt: Was macht Rocket-Chef Oliver Samwer mit dem ganzen Geld?
Eine eindeutige Antwort gab es darauf zunächst nicht. Es sei schwieriger geworden, Gründer und Ideen zu finden, um mit ihnen Unternehmen aufzubauen, sagte Samwer bei der Hauptversammlung. Rocket könne 3,1 Milliarden Euro investieren – sieht sich als Geldgeber für Gründer jedoch wachsender Konkurrenz ausgesetzt.
Nach den erfolgreichen Börsengängen von Portfolio-Unternehmen hätte Rocket Internet derzeit „mehr Kapital als Ideen“, gab Samwer zu. Dennoch sei das Unternehmen erfolgreich. Das zeige sich an höheren Umsätzen und geringeren Verlusten der Beteiligungen sowie an zahlreichen kleineren Neugründungen.
Zehn neue Geschäftsmodelle hat Rocket seit Anfang 2018 an den Start gebracht – will dazu aber aktuell noch keine Details verraten (DER AKTIONÄR berichtete). Zudem habe das Unternehmen Beteiligungen an rund 200 privaten Start-ups mit einem geschätzten Wert von rund 1,2 Milliarden Euro in den Büchern stehen, so der CEO.
„Es funktioniert“, sagte Samwer – wohl auch, um erneuter Kritik am Geschäftsmodell von Rocket zuvorzukommen. „Aber es funktioniert nicht wie am Fließband.“
Suche nach neuen Geschäftsfeldern
Auf der Suche nach vielversprechenden Investments erkundet die Berliner Beteiligungsgesellschaft auch neue Geschäftsfelder. Die Start-up-Schmiede macht inzwischen unter anderem auch Immobiliengeschäfte und will künftig technologische Versicherungs- und Gesundheitsdienstleistungen anbieten. Das sieht eine Satzungsänderung vor, die die Hauptversammlung am Donnerstag absegnete.
Keine Dividende geplant
Forderungen, einen Teil des Cash-Bestands an die Aktionäre auszuschütten, hat Rocket-Chef Samwer indes abgelehnt. Auch DER AKTIONÄR hatte sich kürzlich für eine Sonderdividende ausgesprochen, falls größere Investments noch länger auf sich warten lassen.
Schlechtes Timing – Aktie kurzfristig unter Druck
Auch wenn man Oliver Samwer für seine offenen Worte bei der Hauptversammlung Respekt zollen muss: Die Aktionäre kann er damit zunächst nicht begeistern. Speziell die Immobilien-Pläne kommen am Donnerstag zur Unzeit. Medienberichte über einen „Mietendeckel“ in Berlin bringen die Aktien von Immobilienkonzernen teils massiv unter Druck (mehr dazu hier).
Die Aktie von Rocket Internet muss ihre Aufwärtsbewegung zunächst ebenfalls unterbrechen und einen Teil der jüngsten Gewinne abgeben. Der Aufwärtstrend und die 200-Tage-Linie sind aber nach wie vor intakt. DER AKTIONÄR hält daher an der Kaufempfehlung für die Aktie fest. Rocket Internet befindet sich darüber hinaus auch im Aktien-Musterdepot.
Mit Material von dpa-AFX.