Heute eröffnet die weltweit führende Druckmesse Drupa mit mehr als 1.800 Ausstellern aus über 50 Ländern. Sie dauert bis zum 10. Juni. Pünktlich zur Leitmesse meldet sich die Druckmaschinenbranche zurück. Nach langer Talfahrt mit tiefroten Zahlen werden nun wieder schwarze Zahlen geschrieben.
Jahrelang galt das Internet als potenzieller Totengräber für Druckereien und die dazu gehörenden Maschinenhersteller. Der Trend zu den Online-Angeboten ließ die Auflagen von Zeitungen und Zeitschriften dramatisch schrumpfen. Rotationsanlagen, also Maschinen, die Zeitungen, Magazine, Beilagen und Kataloge drucken, waren nicht mehr gefragt. Im Zeitungsdruck sank die Zahl der Beschäftigten seit der Jahrtausendwende um rund 60 Prozent. „Vor zehn Jahren haben wir noch 60 Prozent des Umsatzes in medienorientierten Printmärkten erzielt“, so Koenig & Bauer-Vorstand Claus Bolza-Schünemann. Heute sind es nur noch rund zehn Prozent. Wegen der enormen Überkapazitäten und des harten Wettbewerbs haben die Druckereien gespart wo es nur ging. Neuanschaffungen waren kein Thema, Ersatzbeschaffung und Rationalisierung gehörten zum Alltag.
Mit dem steigenden Wohlstand der wachsenden Weltbevölkerung ist der Verpackungsdruck zum neuen Platzhirsch der Branche aufgestiegen, auf den knapp die Hälfte des gesamten Druckvolumens entfällt. Auch die vielen regulatorischen Vorschriften bei Lebens- und Arzneimitteln, die nur durch bedruckte Verpackungen zu erfüllen sind, tragen dazu bei. „Das ist auch der einzige Bereich, dem wir ein Wachstum zutrauen“, so Gordon Schönell vom Bankhaus Lampe gegenüber dem AKTIONÄR. „Wir gehen von einem Wachstum von etwa vier bis fünf Prozent pro Jahr aus.“ Zum Vergleich: Das weltweite Druckvolumen dürfte in den nächsten Jahren nur um rund zwei Prozent pro Jahr wachsen.
Um den Wandel voranzutreiben, die Produktion effizienter zu machen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit nicht aufs Spiel zu setzen, haben die Druckereien nach jahrelangem hartem Sparkurs begonnen, wieder zu investieren. Dabei suchen sie auch ihr Glück in der Nische. Ausgerechnet die voranschreitende Digitalisierung avanciert dabei zu einem Wachstumsmarkt.
Die Zeiten von großen Millionenauflagen im Zeitungsdruck sind Geschichte. Dank der zunehmenden Digitalisierung entlang der gesamten Produktionskette und neuer, moderner Maschinen rechnen sich auch kleinere Druckaufträge. „In der Druckindustrie gibt es einen Trend zu immer individuelleren und teils personalisierten Drucksachen“, stimmt Lampe-Bank-Experte Schönell zu. „Marketing-Aspekte, aber auch Just-in-time-Lieferungen der Drucksachen, das sogenannte Print-on-Demand, sind die Treiber dafür.“
Hier kommen die Digitaldruckmaschinen ins Spiel. Beim Digitaldruck wird das Druckbild direkt von einem Computer in eine Druckmaschine übertragen, ohne dass eine statische Druckform benutzt wird. Bei den Offsetmaschinen wird immer eine andere Druckplatte benötigt. „Digitaldruckmaschinen haben zwar einen geringeren Output als die analogen Maschinen und auch das Druckbild mag noch etwas weniger klar sein, doch können sie diesen Makel durch ihre deutlich höhere Flexibilität wettmachen,“ so Schönell. Der vielseitige Anwendungsbereich reicht von personalisierten Druckaufträgen wie Visitenkarten, großen Plakatwänden aus Kunststofffolie über Fotobücher oder Kalender bis hin zu fälschungssicheren Etiketten.
Der Aufbau eines Digitalportfolios ist zur Verteidigung von Marktanteilen wichtig für die Druckmaschinenhersteller. Doch in Sachen Gewinn- und damit Kursentwicklung setzt auch Experte Schönell auf Verbesserungen, die greifbarer sind. „Die Maßnahmen zur Ertragsverbesserung, die in den letzten Jahren getroffen wurden, in Verbindung mit einer steigenden Auslastung, die kurzfristig nur geringfügig durch das Digitalgeschäft getrieben ist, sollten die Ergebnisse verbessern.“
Dennoch sehen noch immer einige Investoren die Druckindustrie als strukturell sterbende Branche an – ein Fehler! Mit der Drupa, vom 31. Mai bis 10. Juni wird die zuletzt alle vier Jahre stattfindende Leitmesse in Düsseldorf wieder das Zentrum der Druckindustrie sein, sollten die Wachstumsperspektiven der Branche mehr in den Vordergrund rücken.
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