Spanien wird sich nach Einschätzung von Experten und der Bundesregierung in den kommenden Jahren zu einem der wichtigsten Lieferanten grünen Wasserstoffs nach Deutschland entwickeln. Der aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne hergestellte Wasserstoff soll vor allem die Dekarbonisierung der Industrie und bestimmter Bereiche des Verkehrssektors ermöglichen, wie der Branchenverband Zukunft Gas am Freitag erläuterte.
Der Bedarf in Deutschland ist riesig. Bis 2030 gehen Experten davon aus, dass mindestens jährlich 1,5 Millionen Tonnen grünen Wasserstoffs benötigt werden.
Solche Mengen lassen sich nicht ausschließlich in Deutschland herstellen. "Langfristig werden erhebliche Mengen Wasserstoff nach Deutschland importiert werden müssen, da die Herstellung von grünem Wasserstoff in Deutschland naturgemäß begrenzt ist", schrieb das Ministerium auf Anfrage. Etwa 50 bis 70 Prozent der künftig benötigten Mengen müssten importiert werden, schätzt das Ministerium.
Neben Spanien, dessen Produktionspotenzial 2030 auf bis zu drei Millionen Tonnen geschätzt wird, gelten auch Australien, Chile, Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate oder die Ukraine als künftige Lieferanten grünen Wasserstoffs. "Diese Länder haben ein hohes Potenzial für die Nutzung erneuerbarer Energiequellen und könnten den Grünstrom für die Wasserstoffproduktion zu sehr niedrigen Kosten erzeugen", zeigt sich der Branchenverband überzeugt.
Wichtige Entwicklungen in Puertollano
Von den erwarteten Produktionsmengen sind die ersten Pilotanlagen jedoch noch sehr weit entfernt. So produziert etwa ein neues Werk des spanischen Stromerzeugers Iberdrola in der Stadt Puertollano gerade einmal 3.000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr unter Einsatz von Sonnenstrom. Zum Vergleich: Eine künftige Anlage von Thyssenkrupp Steel für die Herstellung klimafreundlichen Stahls in Duisburg würde etwa 130.000 Tonnen des grünen Wasserstoffs benötigen.
Im Mai 2022 hat Iberdrola zusammen mit dem norwegischen Wasserstoff-Spezialisten Nel in Puertollano eine Produktionsanlage eingeweiht. Die Skandinavier lieferten einen PEM-Elektrolyseur mit einer Leistung von 20 Megawatt (DER AKTIONÄR berichtete). Groß angelegte Wasserstoff-Projekte will Iberdrola fortan auch mit dem US-Motorenhersteller Cummins realisieren – passend hierzu ziehen die Amerikaner eine Elektrolyseur-Gigafactory in Puertollano hoch. Die Eröffnung soll 2023 erfolgen.
Spanien entwickelt sich für Elektrolyseur-Hersteller wie Cummins oder Nel zu einem immer wichtigeren Absatzmarkt. Cummins ist kein reiner Wasserstoff-Play, profitiert allerdings durch die Übernahme von Hydrogenics vor einigen Jahren vom aufstrebenden Sektor - für konservativ ausgerichtete Anleger bleibt der Titel einen Blick wert. Wesentlich spekulativer ist das Papier von Nel.
(Mit Material von dpa-AFX)